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Humanitäres Desaster ohne Zuschauer – Nahostkorrespondent berichtet von „vergessenem Krieg“ im Jemen

Ein Besorgnis erregendes Bild von der Situation im Jemen zeichnete Dr. Martin Gehlen bei einem
Akademieabend im Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) in Lingen.

Seit 2015 tobt in dem vorderasiatischen Land ein Mehrfrontenkrieg, in dem unter anderem die schiitische Huthi-Bewegung, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate involviert sind. Die Vereinten Nationen bezeichnen den Krieg im Jemen als das „größte humanitäre Desaster neben Syrien“. Weil Journalisten aus dem Land aber nur unter großen finanziellen Anstrengungen und hohem Risiko
berichten könnten, würde der Konflikt in der Öffentlichkeit nur wenig beachtet.

Seit Ausbruch des Krieges hätte die von saudischer Seite angeführte Militärallianz 100.000 Luftangriffe geflogen, die fast immer Zivilisten beträfen. Die Hälfte aller Krankenhäuser in dem Land sei zerstört. Der Journalist Martin Gehlen, der lange Jahre als Nahost-Korrespondent für diverse Medien gearbeitet hat, berichtete anschaulich von dem Leid der jemenitischen Bevölkerung. Mehr als Dreiviertel aller Jemeniten hätte keinen sicheren Zugang zu Nahrung und Trinkwasser. Zwar könnten die  andwirtschaftlichen Nutzflächen zur Verbesserung der Ernährungssituation genutzt
werden. In der Realität seien diese aber Anbaugebiete für die Volksdroge Khat.

Vor dem Krieg sei Jemen ein kulturell reiches Land gewesen, was Gehlens Ehefrau, die Fotografin
Katharina Eglau, an eindrucksvollen Fotos belegte. Auch das Judentum hätte dort eine lange Tradition
– Bereits vor 2500 Jahren seien Juden im Jemen zu Hause gewesen. Wegen der Bedrohung durch
radikal-islamistische Gruppen lebten heute aber nur noch sechs Familien in der jemenitischen
Hauptstadt Sanaa.

Eine politische Lösung des Konfliktes könnte dem Referenten zufolge in der Teilung des Landes
bestehen. Beenden würde dies aber nur den Krieg, nicht aber die katastrophalen Zustände
hinsichtlich Wasserversorgung, Hygiene und der Situation der Krankenhäuser. Der Referent warb
daher für den massiven Einsatz internationaler Hilfskräfte und Investitionen in die Infrastruktur des
Landes. Ohne diese Hilfen sei das Land auf Jahrzehnte nicht existenzfähig.

Das LWH setzt die Veranstaltungsreihe „Die vergessenen Kriege“ am 14. Mai mit einem
Akademieabend zum Drogenkrieg in Mexiko fort.

Text und Foto: LWH