CORONAGrafschaft Bentheim

„Alle hier sind ein riesiges Stück über sich hinausgewachsen“ – Der Katastrophenschutzstab des Landkreises in Corona-Zeiten

„An manchen Tagen sind wir richtiggehend ins Schwitzen geraten. Aber nun ist es ruhiger geworden und angesichts der sich derzeit entspannter darstellenden Lage haben wir personell auch etwas abgespeckt“, erläutert Thomas Heinrich, Leiter des Katastrophenschutzstabes des Landkreises. Zwei Monate oder neun Wochen oder 63 Tage Arbeit ist der Stab nun im Einsatz. Gleich nach dem ersten Corona-Fall in der Grafschaft war ein Teil des Kats-Stabes, das Bürgertelefon, hochgefahren worden – „das große Besteck“ ging zwei Wochen später an den Start.

Kurze Lagebesprechung mit Thomas Heinrich (links am Bildschirm), Matthias Woltering (rechts), davor Gerald Voet und Claudia Hüsing. Foto: Landkreis Grafschaft Bentheim
Kurze Lagebesprechung mit Thomas Heinrich (links am Bildschirm), Matthias Woltering (rechts), davor Gerald Voet und Claudia Hüsing. Foto: Landkreis Grafschaft Bentheim

Das „große Besteck“ waren in diesem Fall neben den zeitweise sieben Personen im Bürgertelefon elf Frauen und Männer im Stabsraum. Die Entscheidung, den Kats-Stab neben den vorhandenen Verwaltungsstrukturen hochzufahren, hatte Landrat Uwe Fietzek als vorausschauende Maßnahme getroffen. „Auch das Ausrufen des Katastrophenschutzfalles wie in Bayern war vor wenigen Wochen nicht unwahrscheinlich“, blickt Thomas Heinrich zurück. Im Schichtdienst, das heißt: alle Positionen waren mehrfach besetzt, sieben Tage die Woche, kümmert sich der Stab um nahezu alle wichtigen Aufgaben rund um die Corona-Pandemie.

Neben ausreichendem Platz für das Personal – inklusive Sicherheitsabstand – musste auch genügend Raum für Technik und Material vorhanden sein. Somit wurde der Sitzungsraumbereich des Kreishauses kurzerhand zum Herzstück des Krisenmanagements des Landkreises umfunktioniert. Mindestens drei-, oft auch mehrmals täglich: die Lagebesprechung. Auf großen Bildschirmen an den Wänden werden aktuelle Fallzahlenentwicklungen dargestellt, die Übersichten von durch Corona-Patienten belegte Betten in der Euregio-Klinik und der Fachklinik Bad Bentheim, die Mengen an vorhandenem Material wie Schutzkleidung, Masken und Desinfektionsmitteln, daneben werden zahlreiche Arbeitsaufträge abgestimmt.

Wer seinen Kopf in den Sitzungsraum 102 steckt, verspürt sogleich die ungemein konzentrierte Atmosphäre – selbst jetzt, wo der Stab personell wieder etwas heruntergefahren ist. Überall wird telefoniert, es werden Zahlen an ein Flipchart geschrieben.  Verwaltungsleute, die sich zuvor mit Naturschutz, Wirtschaftsförderung, sozialen Dienstleistungen oder Straßenbau befassten, sind zu professionell agierenden Krisenmanagern geworden. Sie mussten sich plötzlich um die Beschaffung von Masken und Desinfektionsmitteln kümmern, um die Abstimmung mit den Kliniken, den Alten- und Pflegeheimen, mit dem Ärztenetz, den ambulanten Pflegediensten oder auch den Hebammen vornehmen. „Da sind alle hier ein riesiges Stück über sich hinaus gewachsen und viele haben völlig neue Talente entwickelt“, schmunzelt Thomas Heinrich. „Es ist in solchen Zeiten beruhigend, zu wissen, dass man sich auf gute Leute stützen und verlassen kann.“

In Spitzenzeiten waren allein drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer sogenannten Taskforce Beschaffung in einem weiteren Sitzungsraum im Einsatz. „Da war es zeitweise verdammt eng auf dem freien Markt, was Masken, Desinfektionsmittel oder Schutzkleidung anging. Wir haben versucht, alle Hebel, die wir ausfindig machen konnten, in Bewegung zu setzen – immer in enger Kooperation mit unserem Gesundheitsamt“, erläutert Matthias Woltering, stellvertretender Stabsleiter. Richtiggehend heiß lief das Bürgertelefon. Zu Beginn waren es allgemeine Fragen zum Virus und zum richtigen Verhalten. Später glühten die Drähte immer dann, wenn neue Verordnungen sich ankündigten oder erlassen wurden. Hier arbeiteten Mitarbeiter aus dem Kats-Stab den Kollegen mit dem Ohr zum Bürger mit Informationen zu.

Innerhalb der vergangenen Tage ist es ruhiger geworden, der Stab ist wegen der derzeitigen Abflachung im Infektionsgeschehen mit weniger Personal im Einsatz. Aber man wird noch eine Zeitlang weiter arbeiten. Achtsam und vorbereitet bleiben, ist die Devise. „Die Lage ist zum Glück nicht soweit gediehen, dass der Landrat den Katastrophenfall ausrufen musste. Jetzt ist eine Entspannung eingetreten. Aber wir müssen genau beobachten, was in den nächsten Wochen oder gar Monaten geschieht“, zeigt sich Stabsleiter Thomas Heinrich vorsichtig. Beruhigend aber ist: er und der Landkreis können auf erprobtes und fähiges Personal bauen.

Text und Foto: Landkreis Grafschaft Bentheim