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Angetreten zum Zählen – Jährliche Inventur im Tierpark Nordhorn

Angetreten zum Zählen – Jährliche Inventur im Tierpark Nordhorn – Egal ob Haut, Haare, Federn, Panzer oder Schuppen – einmal im Jahr müssen alle Tiere ran

Zählen, messen, wiegen – Zum Jahreswechsel sind auch im Tierpark Nordhorn alle Tiere dran. Die Inventur, ein Vorgang den man aus dem Supermarkt oder anderen Geschäften zum Jahreswechsel kennt, findet auch in einem Zoo statt. Über mehrere Tage wird von den Tierpflegern der gesamte Tierbestand gezählt, zum Teil auch gemessen und gewogen. Gleichzeitig werden die Bestandslisten dabei auf Aktualität überprüft. Insgesamt über 2060 Tiere in über 100 verschiedenen Arten konnte der Nordhorner Familienzoo am Ende in seine Listen eintragen.
Dabei hat sich der Tierbestand im Tierpark auch in 2021 verändert, berichten die beiden Kuratoren Dr. Heike Weber und Dr. Dirks Wewers, die zusammen mit den Tierpflegern die Inventur durchführen. Der Tierpark hat seine Artenschutzbemühungen deutlich ausgeweitet und beteiligt sich an neuen Erhaltungszuchtprogrammen um diesen Tierarten eine Zukunft zu geben.
Am meisten herbeigesehnt war sicherlich im Februar 2021 der Einzug des Leopardenkaters „Baikal“. Der 2018 in Wien geborene Amurleopard leitete damit auch die Ära der Haltung und Zucht einer neuen Leoparden-Unterart im Tierpark Nordhorn ein. Bisher wurden hier die Nordpersischen Leoparden gehalten, die mit dem Erfolg einer Welterstzucht eines Geschwisterpaares durch künstliche Besamung sicher in die Geschichte des Zoos eingehen werden. Ab diesem Jahr nun wird sich das Tierpark-Team um die noch stärker bedrohten Amurleoparden (Panthera pardus orientalis) kümmern und dafür auch einen neuen Gehegekomplex bauen. Im Vogelbereich konnte ein junges Paar der sehr seltenen und gefährdeten Blaulatzsittiche (Pyrrhura cruentata) übernommen werden. Das Pärchen teilt sich Stall und Außenvoliere mit den Zweifinger-Faultieren, deren Zuchterfolge in Nordhorn legendär sind. Während die Blaulatzsittiche zu den Papageien zählen und ursprünglich aus Südamerika (Brasilien) stammen, ist die neue, füllige Haustaubenrasse am Eingang vom Vechtedorfplatz in Österreich gezüchtet worden. Sie heißt „Strasser Taube“ und hat in der umgebauten Remise vor der Dorfmetzgerei einen für Besucher sehr gut einsehbaren Stallbereich gefunden.

Tierpflegerin beim Wiegen des neugeborenen Wasserbocks- Foto: Tierpark Norhdorn
Tierpflegerin beim Wiegen des neugeborenen Wasserbocks- Foto: Tierpark Nordhorn


Neue Tierarten gab es unverhofft und relativ spontan gegen Jahresende dann noch als Geschenk. Da der langjährige Zooschullehrer Henny Grijpma auch ein erfolgreicher Privatzüchter ist, durfte der Tierpark sich bei der anstehenden Verkleinerung seines Bestandes als Erster Arten zur Übernahme aussuchen. So hielten knapp 400 Exemplare der stark gefährdeten Dreistreifen-Baumsteiger (Epipedobates tricolor) samt zwei großen, vollständig eingerichteten Terrarien Einzug in den Tierpark. Diese Froschlurchart stammt aus Ecuador (Südamerika) und gehört zur Überfamilie der Pfeilgiftfrösche (Dendrobatoidea). Noch befindet sich diese Art wie auch die ebenfalls von Henny Gijpma übernommenen Dorngespenstschrecken (Eurycantha calcarata) und Malaiischen Riesengespenstschrecken (Heteropteryx dilatata) hinter den Kulissen. „Wir müssen mal sehen, wo wir diese Tierarten den Besuchern in Zukunft am besten präsentieren können. Die Bauliste ist lang und an vorderster Stelle steht natürlich das Leoparden-Projekt“, erklärt Zoodirektor Nils Kramer.
Einige Wirbellose-Arten, die im Jahr 2021 neu aufgenommen wurden, sind aber bereits jetzt schon für die Besucher im etwas umgestalteten, ehemaligen Amphibienhaus zu sehen, das man mittlerweile besser als „Tropenhaus“ bezeichnen kann. Und zwar sind neu hinzugekommen die Afrikanischen Riesentausendfüßer (Archispirostreptus gigas), die Kongo-Rosenkäfer (Pachnoda marginata) sowie die Sungaya-Gespenstschrecken (Sungaya inexpectata). Zwei Arten werden in einer weiteren kleinen Gruppe auch in der Zooschule hinter den Kulissen gehalten, um sie im Unterricht den Kindern zeigen und „be-greifbar“ machen zu können.
Neben der Attraktivität für die Besucher, den Haltungsansprüchen, die gewährleistet sein müssen und nicht zu vergessen den Kosten für Gehegebau, Haltung und Fütterung ist natürlich der Gefährdungsstatus ein wichtiger Punkt bei der Auswahl von Tierarten, für die sich der Tierpark Nordhorn entscheidet. „Daher sind wir besonders stolz, mittlerweile insgesamt 14 Tierarten den Besuchern präsentieren zu können, die in einem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) geführt werden“, erläutert Kramer. Dazu gehören Amur-Leopard, Europäische Wildkatze, Zwei-Fingerfaultier, Totenkopfaffe, Kafue-Litschi-Wasserbock, Vietnam-Sikahirsch, Azara-Aguti, Marabu, Gänsegeier, Waldrapp, Schnee-Eule, Habichtskauz, Blaulatzsittich und die Europäische Sumpfschildkröte.
Leider gibt es nicht für alle seltenen oder gefährdeten Arten ein solches EEP. Das Management von nicht im EEP geführten Arten ist dabei deutlich schwieriger, da es beispielsweise keine Zuchtempfehlungen, Inzuchtberechnungen und Haltungs- oder Fütterungsempfehlungen gibt. Aber dennoch gibt es auch in dieser Gruppe einige Arten, um die sich der Tierpark Nordhorn kümmert. Zum Beispiel Sibirische Steinböcke oder Waldbisons findet man sonst nur noch in wenigen Deutschen Zoos. Kramer betont: „Artenschutz ist eine der wichtigen Aufgaben von Zoos und rückt immer mehr in den Fokus – auch im Tierpark Nordhorn!“
Bei den seltenen Haustierrassen, die im Tierpark Nordhorn allein schon durch den Vechtehof und die kulturhistorische Sonderaufgabe im Rahmen des dezentralen Museumskonzeptes wichtig sind, können die Herdbuch-Zuchtbücher als Pendant zu den für Wildtiere bestehenden EEPs angesehen werden. Auch hier beteiligt sich der Tierpark, der als ARCHE-ZOO von der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH) anerkannt ist, stark. Insgesamt 10 Rassen werden im Herdbuch bzw. Zuchtbuch geführt und gezüchtet. Dazu zählen das Altdeutsche Schwarzbunte Niederungsrind, das Lakenvelder Rind, die Bunten Bentheimer Schweine, die Bentheimer Landschafe, die Jakobschafe, die Zackelschafe, die Ouessantschafe, die Niederländischen Landziegen, die Poitouesel und die Kraienkopp-Hühner. Auch bei den seltenen und bedrohten Haustierrassen gibt es natürlich welche, um die sich kein eigenes Zuchtbuch kümmert, die aber dennoch schützenswert sind. So hält auch der Tierpark Nordhorn zum Beispiel seltene Geflügel- oder Taubenrassen wie die Rückzüchtung der Twentsen Landgans, Krummschnabelenten, Bronze- und Cröllwitzer Puten, Gelderse Slenken oder die gerade erst neu erworbenen Strasser-Tauben.
„Auch im neuen Jahr werden wir unsere Artenschutzbemühungen weiter ausbauen!“ so Zoodirektor Dr. Nils Kramer. „Die Zoos stehen hier in großer Verantwortung und können den entscheidenden Unterschied machen!“
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Wie wiegt man einen neugeborenen Wasserbock? Ganz einfach, samt Tierpflegerin Marie.

Text und Foto: Tierpark Nordhorn