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Bewegende Ausstellungseröffnung und Gedenken zur Pogromnacht

Am späten Samstagnachmittag und frühen Abend erlebten rund 150 Besucher eine bewegende Ausstellungseröffnung in der Galerie der Kunstschule Zinnober mit anschließendem Schweigemarsch zum Gedenkstein der ehemaligen Synagoge. Anlass war das Gedenken zur Reichspogromnacht vom 9. November 1938, in der die Nationalsozialisten hunderte jüdische Mitbürger in Deutschland ermordeten und systematisch die Synagogen in Brand setzten. Auch in Papenburg brannte an diesem Tag die Synagoge, die sich am Standort der heutigen Sparkasse befand. Doch bevor dort die Namen der jüdischen Mitbürger aus Papenburg verlesen wurden, die während der Terrorherrschaft der Nazis umgebracht wurden, gab es zunächst die Eröffnung der Ausstellung „Von Papenburg nach Neuruppin – Zyklus für Maria“ der Künstlerin Hannah Bischof.

Mit einem Schweigemarsch vom Forum Alte Werft zum Gedenkstein der ehemaligen Synagoge am Hauptkanal gedachten rund 150 Besucher den jüdischen Opfern der Nazi-Terrorherrschaft in Papenburg. In diesem Jahr wurde das Gedenken an die Pogromnach von 1938 mit einer Ausstellungseröffnung zum Thema Euthanasie-Morde im Forum Alte Werft verbunden. Foto: Stadt Papenburg
Mit einem Schweigemarsch vom Forum Alte Werft zum Gedenkstein der ehemaligen Synagoge am Hauptkanal gedachten rund 150 Besucher den jüdischen Opfern der Nazi-Terrorherrschaft in Papenburg. In diesem Jahr wurde das Gedenken an die Pogromnach von 1938 mit einer Ausstellungseröffnung zum Thema Euthanasie-Morde im Forum Alte Werft verbunden. Foto: Stadt Papenburg

Dabei ging es um die in Papenburg geborene Maria Eissing, die nach ihrer Hochzeit den Nachnamen Fenski annahm. Sie ist die Großmutter von Hannah Bischof. Maria Fenski wurde von den Nationalsozialisten 1942 in Neuruppin ermordet, weil sie psychisch krank war. Mit beeindruckender Emotionalität berichtete Hannah Bischof anhand der von ihr gemalten Bilder und alten Fotografien ihrer Großmutter vom deren Lebens- und Leidensweg. „Am Ende hat man meine Großmutter in der Psychatrie in Neuruppin verhungern lassen“, berichtete Bischof. So hatte Maria Fenski am Ende ihres Lebens nur noch ein Gewicht von 42 Kilogramm. „Diese Vorgehensweise war typisch für die Euthanasie-Morde der Nazis“, schilderte Bischof. Ihre Großmutter wurde nur 38 Jahre alt. Sie war eines von zehntausenden Opfern der Nationalsozialisten, die bei psychisch oder physisch kranken Menschen von „unwerten Leben“ sprachen und diese Menschen rücksichtlos umbrachten, entweder durch das Spritzen von Morphium oder Gift oder durch das Verhungern, Verdursten lassen. „Wenn man nur die Zahlen hört, kann man sich schwer etwas darunter vorstellen. Wenn man aber mit dem Schicksal eines einzelnen Menschen konfrontiert wird, bekommen diese Morde plötzlich eine persönliche Dimension.“

Die Ausstellung „Von Papenburg nach Neuruppin“ beinhaltet aber nicht nur die Werke von Hannah Bischof. Auch die neunten Klassen der Heinrich-Middendorf-Oberschule haben gemeinsam mit der Kunstschule Zinnober und der Künstlerin Bischof das Thema der Euthanasie-Morde der Nationalsozialisten aufgearbeitet und eigene Kunstwerke dazu angefertigt. Sie lasen nach dem Schweigemarsch auch die Namen der ermordeten jüdischen Mitbürger aus Papenburg vor.

Die Grußworte zur Ausstellungseröffnung sprachen Papenburgs Bürgermeister Jan Peter Bechtluft und die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann. Beide betonten, dass die Verrohung im Umgang miteinander, besonders in den sozialen Medien mittlerweile erschreckende Ausmaße annehme. „Wir müssen auf unsere Worte achten. Denn aus ihnen werden Gedanken und schließlich Taten“, führte Bechtluft dabei aus. Es gehe also schon im Gespräch und auch bei Online-Posts darum, dem jeweils anderen respektvoll und mit Würde zu begegnen. „Leider erleben wir immer öfter, dass dem anderen dieser Respekt und die Würde abgesprochen wird. Das ist eine gefährliche Entwicklung.“ Besonders nahm der Papenburger Bürgermeister hier die gezielte Aggressivität aus dem rechten und rechtsextremen Spektrum in den Blick. „Man muss es deutlich sagen: Akteure wie die AfD oder Pegida sorgen ganz bewusst für eine Verrohung der Sprache. Sie heizen das gesellschaftliche Klima an, spalten und wollen so unsere demokratische Grundordnung zerstören, die auf der Würde des Menschen basiert.“ Erschreckend ähnlich sei vor 86 Jahren auch der Weg in den Nationalsozialismus verlaufen, so Bechtluft. Hiergegen gelte es aufzustehen und sich stark zu machen. Die Ausstellung leiste einen wichtigen Beitrag dazu, zu zeigen, welch schreckliches Ende eine verrohte Gesellschaft nehmen kann.

Die Ausstellung „Von Papenburg nach Neuruppin – Zyklus für Maria“ ist noch bis März in der Galerie des Forums Alte Werft zu sehen. Begleitet wurde die Ausstellungseröffnung durch das Klezmer-Ensemble des Gymnasiums Papenburg und die Gedenkfeier am Hauptkanal vom Musikverein von 1996 Papenburg.

Ein Video mit Hannah Bischof sehen Sie hier:

Text und Foto: Stadt Papenburg