Bad BentheimBlaulicht

Gaffer in Bad Bentheim – ein Feuerwehrmann macht sich Luft

Grafschaft Bentheim. Schon oftmals haben wir erfahren müssen, dass sich Schaulustige – Gaffer – in Einsatzstellen frei bewegt haben. Schon öfter haben wir mit bekommen, dass schnell mal das Handy gezückt wurde und dass dann die Unfallwagen bzw. die ganze Einsatzstelle fotografiert wurde.

Ein Feuerwehrmann von der Freiwilligen Feuerwehr Bad Bentheim hat sich nun einmal Luft verschafft und einen emotionalen Beitrag zu einer Situation in Bad Bentheim verfasst:

Patienten Rettung über HRB – Entsetztes Kopfschütteln aller beteiligten Einsatzkräfte!

Ohne Frage – es ist für viele faszinierend. Wir kommen mit unseren großen roten Autos, blinkenden Lichtern und lautem Martinshorn an der Einsatzstelle an, springen aus den Fahrzeugen, klären kurz wichtige Fakten und funktionieren einfach. Natürlich weckt das eine gewisse Neugier und das ist auch völlig natürlich. Denn ohne diese Neugier auf unser Handeln wären wir Feuerwehrleute nie zu diesem Hobby gekommen. Es ist nur wirklich wichtig zu erkennen, wann diese Neugier, den Respekt gegenüber anderen Mitmenschen übersteigt!

Vergangenen Sonntag, wurden wir zur Unterstützung des Rettungsdienstes gerufen. Bei uns heißt sowas „Anforderung Tragehilfe Rettungsdienst“ – heutzutage ein Routineeinsatz. Diesmal allerdings mit dem Zusatz, dass es sich um eine laufende Reanimation handelte. Bei so einer Lage ist schnell klar, dass gleich jeder Handgriff sitzen muss. An der Einsatzstelle angekommen wurde unsere HRB (Anmerkung der Redaktion: HRB = Hubrettungsbühne) in Stellung gebracht.

Ja, liebe Leute, dafür wird auch schonmal eine viel befahrene Straße gesperrt und gegen wilde, aggressive Gesten hinter dem Lenkrad anderer Verkehrsteilnehmer sind wir mittlerweile immun – juckt uns nicht, es geht hier um ein Menschenleben!

Binnen weniger Minuten stand unsere HRB in Position und wir unterstützten den Rettungsdienst im Inneren der Wohnung. Währenddessen sitzt ein Kamerad auf dem Hauptbedienstand und überblickt die Situation von außen. Dieser Kamerad konnte ebenfalls beobachten, dass sich durch das schöne Wetter immer mehr Schaulustige angesammelt haben. Familien mit ihren Kindern, Fahrradfahrer etc. blieben stehen, setzten sich auf naheliegende Parkbänke und versammelten sich rund um die Einsatzstelle – vermutlich fehlte nur noch ein Kaffee und ein Stück Kuchen, um dem Ganzen alles abzurunden.

Ein Vater stand mit seinem Kind so nah an der Einsatzstelle, dass es keine Bedenken für ihn gab, sein Kind mit dem Fahrrad unter den Korb der HRB fahren zu lassen. Dieses wurde selbstverständlich sofort vom Einsatzleiter unterbunden und ein Platzverweis ausgesprochen – für mich stellte sich eigentlich nur die Frage, ob bei dem Herrn noch der gute alte Menschenverstand vorhanden ist.

Nachdem alles fertig war, wurde die Person aus dem 1.OG zügig über die HRB zum RTW befördert. Auch trotz des Anblickes, dass dort ein Mensch um sein Leben kämpft, hatte niemand von den Schaulustigen den Anstand und den Respekt weiterzugehen oder wegzugucken. Zum Umlagern der Person mussten die Kameraden einen Sichtschutz vor den neugierigen Blicken aufbauen, was bei allen Einsatzkräften Kopfschütteln auslöste.

Nach ein paar Handgriffen lag der Patient im Rettungswagen und wurde zügig einem naheliegenden Krankenhaus zugeführt.

Ich bin jetzt seit 10 Jahren bei der Feuerwehr hier in Bad Bentheim und habe so etwas noch nicht erlebt. In diesem Einsatz war ich diese Person, die auf dem Hauptbedienstand saß und Menschen beobachtet hat, wie sie ohne jegliche Scham den ganzen Einsatz verfolgten, während dort um ein Menschenleben gekämpft wurde. Ich habe schon viele Berichte auf dieser Seite verfasst, aber dieser Bericht war für mich der wichtigste, den ich hier geschrieben habe.

Vielleicht hinterfragt man sich in Zukunft mal selbst, ob man auch so „angegafft“ werden möchte, wenn einem sowas passiert. Denn so ein Verhalten ist absolut respektlos und pietätlos! Die Wortwahl in diesem Text ist bewusst so gewählt, da dieses Verhalten einfach nur wütend und sprachlos gemacht hat.

Foto/TextMarcel Teichert – Quelle: https://www.facebook.com/feuerwehrbadbentheim

Es stößt, nicht nur bei uns, auf völliges Unverständnis und Kopfschütteln.

An dieser Stelle möchten wir erneut ein ganz dickes Lob an alle Einsatzkräfte los lassen, die Tag und Nacht zur Verfügung stehen.

Zitattext und Foto: Marcel Reichert, Feuerwehr Bad Bentheim