„Kopfsalat“: Neue Selbsthilfegruppe in Nordhorn für Menschen mit psychischen Erkrankungen
Viele psychisch Erkrankte kennen das Gefühl, von ihrem Umfeld nicht verstanden zu werden. Ebenso schwierig ist es für die Betroffenen, ihr Befinden in Worte zu fassen. Auch Edeltraud Grießhammer hat solche Erfahrungen gemacht: Seit mehr als 20 Jahren lebt die Nordhornerin mit der Diagnose Depression, hat verschiedene Therapien und Behandlungen durchlaufen. Angesichts der vielfältigen Unterstützung, die sie im Laufe der Zeit bekommen hat, möchte sie nun etwas zurückgeben – und plant die Gründung einer neuen Selbsthilfegruppe namens „Kopfsalat“, ein Angebot für alle Menschen mit psychischen Erkrankungen.
„Bereits als Jugendliche habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt“, sagt die heute 62-Jährige rückblickend. Damals, als das Thema Depression noch mehr tabuisiert war als heute, habe sie die negativen Gefühle allerdings unterdrückt beziehungsweise beiseitegeschoben. Zum „großen Knall“ sei es dann im Alter von 40 Jahren gekommen – einhergehend mit beruflichen Problemen und der Trennung von ihrem Ehemann. „Ich habe in dieser Zeit unglaublich viel geweint und sogar an Suizid gedacht“, berichtet Edeltraud Grießhammer, die in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis praktisch nur unter dem Spitznamen „Molly“ bekannt ist.
Die Liebe und das Verantwortungsgefühl gegenüber ihrer Tochter und auch ihr christlicher Glaube waren letztlich entscheidende Aspekte für sie, nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Sie suchte ihren Hausarzt auf, der eine schwere Depression diagnostizierte. Für die Nordhornerin folgten sowohl stationäre Klinikaufenthalte als auch ambulante Therapien.
Seit nunmehr zwei Jahren wird Edeltraud Grießhammer durch die „Menschen Domizil GmbH“ betreut. „Menschen Domizil“ mit Hauptsitz in Meppen und Niederlassungen an den Standorten Papenburg, Lingen und Nordhorn bietet seit 2004 als freier Träger ambulant betreutes Wohnen für Menschen mit psychischen und/oder geistigen Behinderungen/Störungen im Rahmen der Eingliederungshilfe an. Seit 2012 wird zusätzlich Psychiatrische Häusliche Krankenpflege (PHKP) und integrierte Versorgung, eine Leistung der Krankenkasse, in der Grafschaft Bentheim und im Landkreis Emsland angeboten. In den Räumlichkeiten der Nordhorner Niederlassung an der Nelkenstraße 1 sollen nun auch die Treffen der neuen Selbsthilfegruppe vonstattengehen.
Die Gruppe ist ausdrücklich kein therapeutisches Angebot, betont Edeltraud Grießhammer. Vielmehr gehe es um den gegenseitigen Austausch, das Teilen von Infos und Erfahrungen. „Viele Betroffene wissen nicht, wie es weitergehen soll oder wo sie die nötige Hilfe erhalten“, sagt die Initiatorin. In der Gruppe werde das „Schwarmwissen“ genutzt: „Jeder weiß irgendetwas und bringt sozusagen ein Puzzlestück mit, sodass am Ende ein großes Gesamtbild entsteht.“ Die Gruppe sei nicht nur offen für Menschen mit Depressionen, sondern auch mit anderen psychischen Erkrankungen, wie etwa Angststörungen.
Die „Kopfsalat“-Gruppe ist ein eigenständiges Angebot und keine Leistung von „Menschen Domizil“. Dennoch wird Bezugspflegerin Angelika Mikulla die Gruppe in der ersten Zeit begleiten und mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Ich hatte schon immer den Wunsch, dass eine oder einer meiner Patientinnen und Patienten einmal eine Selbsthilfegruppe gründet, da ich vom Mehrwert dieses Angebots absolut überzeugt bin. Und ich bin mir sicher, dass Frau Grießhammer als Koordinatorin genau die richtige Person ist – mit ihrer kommunikativen Art und ihrem positiven Gemüt, das sie sich trotz ihrer Erkrankung bewahrt hat.“
Das erste Treffen findet am Mittwoch, 2. Oktober 2024, um 17 Uhr an der Nelkenstraße 1 in Nordhorn statt. Geplant sind künftig monatliche Zusammenkünfte jeweils am ersten Mittwoch im Monat um 17 Uhr. Edeltraud Grießhammer zeigt sich aber offen, falls den Teilnehmenden ein anderer Termin besser passt – dies könne beim ersten Treffen besprochen werden. Die Gruppe wird zudem in das Verzeichnis der Selbsthilfekontaktstelle des Landkreises Grafschaft Bentheim aufgenommen.
Die Nordhornerin hat inzwischen gelernt, mit ihrer Krankheit zu leben – was auch bedeutet, schwere depressive Phasen auszuhalten. Sie ist sich sicher, dass die „Kopfsalat“-Gruppe für alle Teilnehmenden ein Gewinn ist: „Wenn wir langsam kleine Schritte machen, können wir viel erreichen.“
Text und Foto: Landkreis Grafschaft Bentheim