Landkreis Grafschaft Bentheim setzt sich für Aufbau kreisweiter Wasserstoff-Infrastruktur ein – Bund muss Fragen klären
Bund und Land fördern derzeit Wasserstoffprojekte in Niedersachsen in Milliardenhöhe. Das Ziel: Niedersachsen soll Grünes Wasserstoffland Nr. 1 werden. Auch der Landkreis Grafschaft Bentheim hat das Thema auf der Agenda und will beim Aufbau einer effizienten und nachhaltigen Wasserstoffwirtschaft mitmischen. Davon soll nicht zuletzt die heimische Wirtschaft profitieren. Landrat Uwe Fietzek: „Mit Blick auf das geplante Wasserstoff-Kernnetz, durch das der Energieträger künftig fließen soll, befindet sich die Grafschaft in einer priorisierten Lage. Durch unseren Landkreis führen gleich zwei zentrale Erdgasleitungen, die zu Wasserstoffleitungen umgewidmet und so zum Bestandteil der bundesweiten Wasserstoff-Infrastruktur werden.“ Die erste Erdgas-Leitung soll in den Jahren 2026/2027 auf Wasserstoff umgestellt werden und zählt damit zum „Starternetz“ innerhalb des Kernnetzes.
Das bereits vorhandene Gasleitungsnetz stellt einen entscheidenden Standortvorteil für die Grafschaft Bentheim dar. „Die bestehenden Leitungen können vergleichsweise einfach umgerüstet werden. Dadurch entfallen kostenintensive und vor allem langwierige Neubaumaßnahmen, wie sie in anderen Regionen erforderlich sind. Wir sind in der Lage, schnell und flexibel auf die Herausforderungen der Energiewende zu reagieren – das müssen wir nutzen. Dabei geht es nicht nur um das Kernnetz. Für uns spielt vor allem das nachgelagerte Verteilnetz eine tragende Rolle, um zukünftig die Unternehmen in der Grafschaft mit Wasserstoff versorgen zu können“, stellt Fietzek klar. Der Wasserstoff solle nicht nur durch die Grafschaft fließen, sondern müsse auch der hiesigen Wirtschaft zur Verfügung stehen. Nur so könne die Grafschaft auch von der Wertschöpfung profitieren. „Zur Realisierung eines kreisweiten Verteilnetzes müssen jetzt schnellstmöglich Entscheidungen getroffen werden. Die erste Leitung des ‚Starternetzes‘ ist bereits in wenigen Jahren einsatzbereit“, drängt der Landrat. Noch bestünden allerdings viele Fragen, die nur der Bund und die Bundesnetzagentur beantworten können.
Um den Wasserstoff lokal in der Grafschaft nutzen zu können, sind sogenannte T-Stücke erforderlich. Diese ermöglichen den Anschluss des Verteilnetzes an das Kernnetz. Im Gegensatz zum Kernnetz sind für den Betrieb eines nachgelagerten Anschlussnetzes bislang aber noch keine rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen definiert, es fehlt an Planungs- und Investitionssicherheit für interessierte Verteilnetzbetreiber. Zur Klärung dieser Fragen steht der Landkreis derzeit im Kontakt mit der Bundesregierung und der Bundesnetzagentur. Ein erster Austausch in Berlin, an dem neben Landrat Uwe Fietzek auch Gitta Mäulen, Geschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Grafschaft Bentheim, und Maik Girmendonk, Geschäftsführer der Nordhorner Versorgungsbetriebe, teilgenommen haben, hat bereits stattgefunden. „Wir wollen und müssen die Netzverteilerknotenpunkte in der Grafschaft jetzt realisieren, um die Weichen für einen wichtigen Wirtschaftsstandortfaktor zu setzen. Darüber sind wir uns mit den kreisangehörigen Kommunen und deren Stadtwerken einig“, betont Fietzek.
Alle Beteiligten sind sich im Klaren, dass es künftig keine Alternative für die Schwerwirtschaft zum Wasserstoff geben wird. „Die Industrie braucht Wasserstoff. Wenn es uns gelingt, eine Anbindung an das Wasserstoff-Kernnetz zur Verfügung zu stellen, haben wir große Chancen, neue industrielle Firmen in der Grafschaft anzusiedeln und bestehende Unternehmen zu halten. Durch die Umwidmung der bestehenden Gasleitungen sind wir anderen Regionen, die erst neue Leitungen legen müssen, einen Schritt voraus – diesen Vorteil müssen wir ausspielen“, blickt Fietzek in die Zukunft. In welchem Maße der Wasserstoff von den Unternehmen künftig tatsächlich benötigt wird, ließe sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht seriös beantworten: „Wir müssen trotzdem die Voraussetzungen schaffen, die Nachfrage kommt danach.“
Text: Landkreis Grafschaft Bentheim