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Nach Gesetzesänderung: Landkreis sucht nach Lösungen für Scheunenfeste der Landjugend

Eine Gesetzesänderung mit Folgen: Der Wegfall des Paragraphen 47 der Niedersächsischen Versammlungsstättenverordnung hat Auswirkungen auf die Scheunenfeste der Grafschafter Landjugend. In diesem Paragraphen wurde die vorübergehende Nutzung von Räumen für Veranstaltungen geregelt. Bislang konnte das Bauamt des Landkreises Ausnahmegenehmigungen für Veranstaltungen in Räumen, die nicht als Versammlungsstätte zugelassen sind, unter bestimmten Bedingungen relativ kurzfristig erteilen. Davon machte der Landkreis vielfach Gebrauch, z.B. für Theater- und Musikveranstaltungen, Gottesdienste oder die Scheunenfeste der Landjugend. Eine solche Ausnahmegenehmigung konnte erteilt werden, wenn der Brandschutz und die Sicherheit der Menschen auf andere Weise, wie etwa die Sicherstellung der Fluchtwege und die Präsenz der Feuerwehr, gewährleistet waren. „Die gesetzliche Grundlage für dieses vereinfachte Verfahren ist jedoch entfallen. Stattdessen greift nun die Niedersächsische Bauordnung und es muss eine Nutzungsänderung des jeweiligen Gebäudes beantragt werden. Das bedeutet: Ohne formale Baugenehmigung können wir Veranstaltungen mit mehr als 200 Teilnehmern in nicht dafür zugelassenen Räumen nach derzeitigen Stand leider nicht mehr erlauben. Der Gesetzgeber lässt uns hier trotz wohlwollender Prüfung keinen Ermessensspielraum“, ordnet der Erste Kreisrat Dr. Michael Kiehl die veränderte Rechtslage ein. Er bedauert, dass durch die Gesetzesänderung insbesondere die Scheunenfeste, die in diesem Sommer geplant sind, kaum umsetzbar seien. „Ein Hindernis ist, dass der Brandschutz den Anforderungen für Sonderbauten entsprechen muss. Inwieweit die Scheunen diesen Anforderungen genügen, steht aktuell auf dem Prüfstand. Zudem kommt der Standsicherheit eine besondere Bedeutung zu“, sagt die beim Landkreis zuständige Dezernentin Dr. Elke Bertke.

Dem Landkreis liegen derzeit Anfragen von drei Ortsvereinen der Landjugend vor. Insgesamt sind in den kommenden Monaten neun Großveranstaltungen geplant. Um zu erörtern, unter welchen Rahmenbedingungen die Scheunenfeste dennoch genehmigt werden können, hat die Kreisverwaltung in den vergangenen Wochen mehrfach Gespräche mit dem Ministerium in Hannover geführt. Eine Möglichkeit stellt die aktive Duldung des jeweiligen Festes durch den Landkreis dar. „Eine solche Duldung ist laut Ministerium allerdings nur umsetzbar, sofern Standsicherheit und Brandschutz sicher gestellt sind. Dafür ist eine materielle und damit bauliche Prüfung samt Brandschutzkonzept erforderlich. Das ist für die Veranstalter binnen weniger Tage oder Wochen nicht zu leisten. Eine Duldung bietet uns somit leider keine kurzfristige Alternative“, erklärt Bertke.

Der Landkreis hat zudem Gespräche mit der Kreislandjugend und dem Landvolk geführt, die rechtliche Situation erläutert und gemeinsam nach möglichen Lösungen und Alternativen gesucht. Erster Kreisrat Kiehl macht deutlich: „Für uns steht außer Frage: Die Scheunenfeste sind in der Grafschaft fest verankert und ein wesentlicher Bestandteil des Zusammenlebens.“ Der Landkreis könne nachvollziehen, dass die Landjugend – gerade nach der langen Corona-Phase – wieder feiern wolle und bedaure die aktuelle Situation. „Die Landjugend hat in den vergangenen Jahrzehnten tolle Feste auf die Beine gestellt und die Veranstaltungen immer professionell organisiert. Wir bieten der Landjugend auf jeden Fall unsere Unterstützung an und stehen für weitere Gespräche zur Verfügung“, so Kiehl. Als Alternative zu den Scheunen bzw. den nicht als Versammlungsstätten zugelassenen Gebäuden wurden Zelte oder bereits genehmigte Veranstaltungsstätten, z.B. die Mehrzweckhalle in Lohne oder Diskotheken, vorgeschlagen. „Der typische Charakter eines Scheunenfestes geht dadurch aber natürlich leider verloren“, sagt Kiehl. Grundsätzlich signalisiert der Landkreis zudem seine Bereitschaft, die Landjugend bei der Durchführung der Feste auch finanziell zu unterstützen. Für das kommende Jahr haben Landkreis und Kreislandjugend bereits vereinbart, sich frühzeitig zusammenzusetzen, um entsprechende Genehmigungen vorzubereiten.

Von der Gesetzesänderung sind nicht nur die Scheunenfeste betroffen. Auch Laien-Theatergruppen, die ihre Stücke z.B. in landwirtschaftlich genutzten Gebäuden präsentieren möchten, oder ein Erntedank-Gottesdienst, der in einer Scheune abgehalten werden soll, sind nicht ohne weiteres genehmigungsfähig. Grundsätzlich gilt nach der Gesetzesänderung: Für die vorübergehende Nutzung eines Raumes, der nicht als Versammlungsstätte genehmigt ist und mit mehr als 200 Besucherinnen und Besucher und für mehr als drei Tage genutzt werden soll, ist eine Baugenehmigung notwendig. „Das Fehlen dieser charakteristischen und identitätsstiftenden Feste und Veranstaltungen hat Konsequenzen für das Zusammenleben im ländlichen Raum. Das Gemeinschaftsgefühl und der Zusammenhalt werden dadurch beeinträchtigt“, sagt Kiehl. Auch vor diesem Hintergrund steht der Erste Kreisrat derzeit in engem Austausch mit Niedersachsens Bauminister Olaf Lies, um solche Feste und Veranstaltungen auch weiterhin ermöglichen zu können.

Text: Landkreis Grafschaft Bentheim