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Neuzugänge bei den Weißrüsselnasenbären im Tierpark Nordhorn

James Blond mag Mehlwürmer sehr gerne – so wie fast alle Nasenbären. Fotos: Wilfried Jürges


Seit 2014 leben im Tierpark Nordhorn die noch immer selten in Europäischen Zoos
gehaltenen Weißrüsselnasenbären (Nasua narica). Der letzte Europäische
Zuchtbuchreport vom 31.12.2020 listet 60 Tiere in 22 Zoos auf. Von den 60
Weißrüsselnasenbären sind 35 Männchen und nur 25 Weibchen. Die Zucht gestaltet
sich im Gegensatz zu ihren rotgefärbten Verwandten, den Südamerikanischen
Nasenbären (Nasua nasua) oder auch Rote Nasenbären genannt, schwierig.

Ricas lange helle Nase und die spitzen Eckzähne sind typisch für Weißrüsselnasenbären, die trotz aller Niedlichkeit zu den Raubtieren gehören. Fotos: Wilfried Jürges
Ricas lange helle Nase und die spitzen Eckzähne sind typisch für Weißrüsselnasenbären, die trotz aller Niedlichkeit zu den Raubtieren gehören. Fotos: Wilfried Jürges


Beide Arten trifft man in ihren Verbreitungsgebieten Mittel- und Südamerikas in
großen Gruppen von bis zu 20 Tieren an. Meist handelt es sich hierbei um Weibchen
mit ihren Jungtieren. Die Männchen werden in der Regel nicht in der Nähe der
Weibchen geduldet und durchstreifen als Einzelgänger oder in lockerer Gesellschaft
eines anderen Männchens die tropischen Regenwälder. Nur zur Paarungszeit
schließen sie sich den Weibchengruppen an, um die Damen zu decken und so für
Nachwuchs und den Fortbestand der Art zu sorgen. Hochtragende Weibchen
sondern sich kurz vor der Geburt von ihrer Gruppe ab, suchen eine geschützte
Baumhöhle und bringen dort ihren Nachwuchs alleine zur Welt. Da die kleinen
Nasenbären nackt und mit geschlossenen Augen zur Welt kommen, sind sie völlig
von ihrer Mutter und deren Milch abhängig. Aber sie wachsen schnell. Und mit
ungefähr fünf Wochen verlassen sie die Höhle und folgen Ihrer Mutter zurück zur
Gruppe. Hier werden sie noch weitere 3 Monate lang gesäugt, wobei sie zeitgleich
lernen selber nach Nahrung zu suchen. Ihre bewegliche Nase hilft ihnen dabei. Mit
ihr durchwühlen Nasenbären den Boden nach reifen Früchten, Insekten, Wirbellosen
oder kleinen Säugetieren. Sie fressen nahezu alles, vor allem das tierische, was
ihnen vor die Schnauze kommt.

Besonders innig ist Ricas (links) Freundschaft zu Kuba (rechts), die sie vermutlich noch aus Jugendtagen kennt. Fotos: Wilfried Jürges
Besonders innig ist Ricas (links) Freundschaft zu Kuba (rechts), die sie vermutlich noch aus Jugendtagen kennt. Fotos: Wilfried Jürges



Auch im Zoo werden sie abwechslungsreich gefüttert. „Wir haben extra angelegte
Wühlbeete, in denen wir unregelmäßig Würmer oder Pelletfutter verstreuen, das
unsere Tiere dann mit Begeisterung und Ausdauer suchen und fressen“, beschreibt
Revierleiter Hennig Meyer das Verhalten der Weißrüsselnasenbären im Tierpark
Nordhorn. Drei Weibchen lebten in der letzten Zeit hier:

Kuba, ein 2012 im Zoo von Havana geborenes Weibchen, das 2015 während ihrer
ersten Geburt von der Zootierärztin Dr. Heike Weber operiert werden musste. Ein
totes Jungtier steckte im Geburtskanal fest. Die Gebärmutter war völlig entzündet,
konnte aber erhalten werden. Leider wurde Kuba nicht wieder tragend und
entwickelte 2017 erneut eine eitrige Gebärmutterentzündung. Diesmal musste die
Zootierärztin die Gebärmutter entfernen, um Kubas Leben zu retten.

Das neue Weibchen Rica ist voll im Fellwechsel und sieht daher noch etwas strubbelig aus. Fotos: Wilfried Jürges
Das neue Weibchen Rica ist voll im Fellwechsel und sieht daher noch etwas strubbelig aus. Fotos: Wilfried Jürges



Das zweite Weibchen, vermutlich 1999 in Havana geborene Weibchen heißt Caipi.
Sie ist oft in Begleitung ihrer 2016 geborenen Tochter Ginger zu sehen. Caipi hat mehrfach für Nachwuchs im Tierpark Nordhorn gesorgt, allerdings war die Aufzucht
nicht immer erfolgreich. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die weitere Forschung in der
Zoowelt, um diese Tierart besser zu verstehen. Insgesamt hat Caipi fünf Jungtiere
großgezogen, die letzten beiden 2018. Ihre Tochter Ginger hat 2020 drei Jungs
aufgezogen, die als „Testmännergruppe“ zurzeit im Tierpark Hamm leben.

Seit kurzem ist nun ein viertes Weibchen in Nordhorn zu bewundern: die noch etwas
strubbelig aussehende, dunkel gefärbte, 9jährige Rica. Rica kommt aus dem Zoo
Leipzig, lebte davor im Zoo Halle und stammt wie Kuba und Caipi aus dem Zoo
Havana. „Bisher fehlen noch Erfahrungen, ob und wie eine Eingliederung neuer
Weibchen in eine bestehende Gruppe klappt“, berichtet Dr. Heike Weber, die neben
ihrer tierärztlichen Tätigkeit auch als Kuratorin für die Nasenbären zuständig ist. In
den meisten Zoos werden Weißrüsselnasenbären nur paarweise gehalten
beziehungsweise wurden noch keine neuen Tiere von außerhalb in Gruppen
integriert. „Aber bei Rica waren wir uns alle sofort einig: Die nehmen wir und
probieren es aus. Denn wir hatten die Hoffnung, dass Rica, Kuba und Caipi sich
noch aus ihrer Jugendzeit im Zoo Havana kennen könnten“, so Weber weiter. Alle
drei Tiere kamen 2014 mit einem Importtransport aus dem Inselstaat Kuba in der
Karibik nach Deutschland. Und tatsächlich sah es beim ersten Zusammenlassen so
aus, als würden Kuba und Rica alte Freundinnen sein. „Es war unglaublich schön zu
sehen, wie Kuba sofort freudig keckernd Rica gegrüßt hat. Beide haben sich liebevoll
beknabbert, immer wieder ihre Nasen gegenseitig in das Fell der anderen gesteckt,
sich gedreht und umarmt“, beschreibt Weber das für Nasenbärenfreundinnen
typische Begrüßungsverhalten. „Die konnten gar nicht mehr voneinander lassen und
schlafen jetzt auch fast immer zusammen in einer Höhle“, ergänzt Meyer. Ein voller
Erfolg also! „Caipi und Ginger waren eher unbeteiligt aber auch kein bisschen
aggressiv“, beschreibt er das neutrale Verhalten der beiden anderen Weibchen Rica
gegenüber.

Der neue Zuchtmann James Blond ist ziemlich neugierig. Man sieht deutlich, wie unglaublich beweglich die Nase dieser Tiere ist. Fotos: Wilfried Jürges
Der neue Zuchtmann James Blond ist ziemlich neugierig. Man sieht deutlich, wie unglaublich beweglich die Nase dieser Tiere ist. Fotos: Wilfried Jürges



Spannend wird es bei den Weißrüsselnasenbären in den kommenden Monaten noch
einmal. Denn im Nachbarstall sitzt ein weiterer Neuankömmling: Das Männchen
James Blond, aus dem Zoa Parc in Süd-Frankreich. Er ist genetisch völlig
unverwandt mit dem Nordhorner Damenquartett und soll hier zukünftig für
Nachwuchs sorgen. Aber erstmal steht für ihn die Erforschung der Außenanlage im
Alleingang auf dem Programm. Auch Rica soll noch etwas Zeit haben, sich gut in
Nordhorn einzuleben. Zum Herbst hin wird dann das Zusammentreffen der Vier-
Mädels-Truppe mit dem 2019 geborenen Jungspunt James Blond geplant.
Abgesehen davon, dass alle Namen der Nordhorner Weißrüsselnasenbären an die
Bezeichnung alkoholischer Getränke angelehnt sind, kam der Name James Blond
auch aufgrund der Fellfärbung des jungen Mannes zustande. Er ist nämlich im
Gegensatz zu den Weibchen noch recht hell blond gefärbt. Dies ist ehrlich gesagt
typisch für junge Nasenbären. Sie dunkeln im Alter nach, was man sich als Mensch
auch gern wünschen würde…. – anstatt zu ergrauen.

Beim nächsten Besuch achten Sie also mal drauf, welche Nasenbären draußen in
den Höhlen liegen oder umherklettern. Ist es eine der vier Damen oder der helle
James Blond?


Fotos: Wilfried Jürges

Text: Tierpark Nordhorn