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Stellungnahme des Bürgermeisters der Stadt Papenburg zur Corona Situation

Papenburg. Hohe Inzidenzzahlen und viele Fragen zur Corona Situation in Papenburg. Wie kann es sein, dass in Papenburg nichts gemacht wird? Wie kann es sein, dass bei einer 7-Tages Inzidenz lokal über 100 oder sogar über 200 keine Einschränkungen vorangetrieben werden und wie kann es auch sein, dass sich viele immer noch an den Wochenenden versammeln und nichts wird gemacht? Dieses sind die Hauptfragen, die sich die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Papenburg im Moment stellen. Dieses sind Fragen, die uns natürlich auch per Kommentare in den Sozialen Medien oder auch per Mail erreicht haben. Wichtig ist zu wissen, dass lediglich der Landkreis Emsland im Rahmen des Infektionsgeschehens lokale Sanktionen anordnen kann bzw. anordnen muss. Die Stadt Papenburg kann dieses nicht anordnen.

Genau zu dieser Corona Situation in Papenburg hat sich am Vormittag der Bürgermeister von Papenburg Jan Peter Bechtluft in einem emotionalen Videoaufruf gemeldet:

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

vor genau einem Jahr, am 16. März 2020, startete in Deutschland der erste landesweite Lockdown. Nur die größten Pessimisten hätten damals wohl die düstere Prognose gewagt, dass wir uns heute – ein Jahr später – auf dem Weg in die dritte Welle befinden. Corona hat unser öffentliches, berufliches und privates Leben jetzt über ein Jahr massiv beeinträchtigt.

Die Zahlen hier bei uns in Papenburg sind seit vielen Wochen katastrophal. Die Inzidenz für die Stadt Papenburg liegt heute bei fast 300 – um genau zu sein: bei 290,6. Damit sind wir ganz maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich der gesamte Landkreis Emsland bald zu einer Hochinzidenzkommune entwickeln könnte.

Durch die heutige kreisweite Inzidenz von 91,6 sind wir weiteren Einschränkungen nur knapp entgangen. Sie können verfügt werden, wenn an drei aufeinander folgenden Tagen die Sieben-Tages-Inzidenz dreistellig ist. Heute wäre dieser dritte Tag in Folge gewesen. Bei einer solchen Entwicklung kann die Notbremse gezogen werden, und alle erst vor einer Woche gestarteten Lockerungen wären wieder hinfällig.

Ich werde immer wieder von Bürgerinnen und Bürger gefragt: Warum ist das so, warum hat Papenburg über einen so langen Zeitraum jetzt die „rote Laterne“?

Eine einfache Antwort hierauf gibt es leider nicht, weshalb auch immer wieder in den Begründungen des Gesundheitsamtes das Wort „diffus“ – also zerstreut und ungeordnet – auftaucht.

Fest steht für mich aber: Es gibt eindeutig Bevölkerungskreise, die das Virus und seine Gefahren nicht ausreichend ernst nehmen und damit sich selbst und andere gefährden!

Um das zu erkennen, muss man nur am Wochenende die großen Einzelhandelsgeschäfte und Lebensmitteldiscounter hier in der Stadt besuchen: Die Masken sitzen vielfach auf „halbmast“, es gibt Grüppchenbildungen, es wird gemeinsam geraucht, Abstände werden dabei nicht eingehalten, Bullis sind randvoll gefüllt mit Personen ohne Maske im Gesicht.

Ob diese Verstöße gegen die Corona-Regeln vorsätzlich, aus Unwissenheit oder Ignoranz erfolgen, kann ich nicht beurteilen. Vermutlich sowohl als auch. Eines kann ich aber beurteilen: Unsere großen Arbeitgeber, das zuständige Gesundheitsamt beim Landkreis Emsland, die Polizei und unser eigenes Ordnungsamt setzen alles daran, die Situation in den Griff zu bekommen, angefangen bei der Info-Broschüre in Landessprache für die Beschäftigten bis hin zur Verfolgung und Ahndung der Autotuner-Szene.

Doch alle Maßnahmen und Aktivitäten konnten die Zahlen in Papenburg bislang nicht nach unten drücken. Das ist für alle Beteiligten frustrierend und zerrt massiv an den Nerven, die ohnehin schon blank liegen. Und von den katastrophalen wirtschaftlichen Folgen – insbesondere für den Einzelhandel und die Gastronomie, die Meyer Werft und deren Zulieferbetriebe – habe ich noch gar nicht gesprochen.

Aber es gibt auch ein massives Infektionsgeschehen in den Familien. Die britische Mutante führt aktuell dazu, dass sich – anders als noch vor einem Jahr – nicht nur einzelne Familienangehörige untereinander anstecken, sondern gleich ganze Großfamilien, obwohl sie sich formal an die Corona-Regeln halten. Leider ist aber jeder einzelne Kontakt in dieser Situation einer zu viel!

Vielfach wird das Virus auch über junge heranwachsende Menschen in die Familien getragen, die es sich nicht nehmen lassen wollen, am Wochenende in der Gartenhütte, verborgen im Keller oder auf der grünen Wiese gemeinsam in großer Anzahl zu feiern.

Das ist eine ganz nüchterne Feststellung ohne erhobenen Zeigefinger. Ich wollte im Übrigen in meiner letzten Nachricht auch niemandem das Schlittschuhlaufen oder das Eis essen verbieten. Der entsprechende Shitstorm und andere aggressive Reaktionen haben mir aber gezeigt, wie erschöpft und frustriert viele Menschen inzwischen sind.

Sie können mir glauben: Auch mir bereitet es keine Freude, als „Spaßbremse“ und „Spielverderber“ wahrgenommen zu werden. Aber es geht nicht anders, weil es bei Corona im Ernstfall um Leben und Tod geht.

Es gibt aber auch positive Dinge zu vermelden: Viele ältere Menschen und vulnerable Berufsgruppen, Pflegekräfte und Ärzte sind inzwischen geimpft, es gibt also inzwischen ein kleines Licht am Ende des noch langen Tunnels.

Ich selbst habe meine 80-jährige Patentante, die querschnittsgelähmt und Rolli-Fahrerin ist, bei ihrer Impfung ins Impfzentrum Lingen begleitet und kann nur sagen: Das Prozedere hat keine halbe Stunde gedauert, das Team vom DRK war freundlich, professionell und hochkompetent, sie fühlte sich rundum gut behandelt! Und das wird hier bei den Maltesern im Impfzentrum Papenburg mit Sicherheit genauso sein! Über diese positiven Erfahrungen der Menschen wird leider viel zu wenig öffentlich berichtet.

Und da sich ja einige Angehörige meiner Berufsgruppe in dieser Frage leider unrühmlich hervorgetan haben: Ich persönlich bin nicht geimpft worden, und mir wurde es zu recht auch nicht angetragen. Ich kann Impfvordrängler nämlich nicht ausstehen. Man ist dran, wenn man dran ist!

Mein großer Dank gilt allen Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die sich in den Impfzentren für die Gesundheit ihrer Mitmenschen engagieren. Respekt und Wertschätzung auch für die vielen Mütter und Väter, die sich im Homeschooling für ihre Kinder aufzehren, aber auch für alle Lehrerinnen und Lehrer und Erzieherinnen und Erzieher, die den Betrieb in den Schulen und Kitas unter großen persönlichen Anstrengungen aufrechterhalten.

Es gibt noch viele weitere systemrelevante Berufsgruppen von der Altenpflegerin bis zur Supermarktkassiererin, die hier Erwähnung finden müssten. Dankeschön dafür, dass Sie alle das öffentliche Leben in Papenburg in dieser schweren Zeit am Netz halten!

Wir müssen jetzt in Papenburg alles daransetzen, dass wir nicht das gesamte Emsland noch weiter in einen Abwärtsstrudel ziehen und zur Notbremse zwingen. Besonders für die Kitas, die Schulen und den Einzelhandel ist das ewige Hin und Her zwischen den Szenarien und Maßnahmen inzwischen unerträglich.

Als Stadt haben wir keine Ermächtigungsgrundlage, um härtere Maßnahmen und Sanktionen nach dem Infektionsschutzgesetz anzuordnen. Hier sind wir immer auf den Landkreis Emsland als zuständige Gesundheitsbehörde angewiesen.

Ich stehe hierzu permanent im Austausch mit Landrat Marc-André Burgdorf, der neben der Stadt Papenburg natürlich das gesamte Kreisgebiet mit seinen 330.000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Blick haben muss.

Wir kämpfen gemeinsam weiter, um das Infektionsgeschehen in Papenburg und im ganzen Emsland in den Griff zu bekommen. Bitte helfen Sie uns durch Ihr persönlichen Verhalten! Halten Sie sich bitte an die Spielregeln, und zeigen Sie Zivilcourage, wenn Dritte dies nicht tun. Ein freundlicher, aber bestimmter Hinweis kann hier nicht schaden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Bleiben Sie gesund!“


Das Video dazu finden Sie hier: https://youtu.be/cck_YTeGXVU