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Zootier des Jahres 2021: Das Krokodil – Nützlinge mit Imageproblem

„Nach Fell und Feder ist im Jahr 2021 die Schuppe wieder dran!“ schmunzelt Dr. Nils Kramer bei der
Vorstellung des neuen Zootieres des Jahres, dem Krokodil. Der Leiter des Nordhorner Tierparks und
Vizepräsident der Deutschen Tierparkgesellschaft (DTG) ist Mitinitiator des Projektes „Zootier des
Jahres“. Nach dem Start mit dem Leoparden im Jahr 2016 wechselt seither die Tiergruppe von
Säugetier über Vogel zu einem Reptil. Nach dem Beo in 2020 steht nun für ein ganzes Jahr das
Krokodil im Fokus der Zoowelt.
Im Tierpark Nordhorn sind Krokodile kein Thema, da er einen ganz anderen zoologischen
Schwerpunkt ausgeprägt hat. Der Familienzoo kann daher in 2021 mit echten Krokodilen selber nicht
dienen. Reptilien wie die Bartagamen und Königspythons im Foyer der Zooschule können aber
sicherlich eine Brücke zu den interessanten urzeitlichen Tieren schaffen. „Der klare Vorteil unserer
Zooschulreptilien ist die mögliche hautnahe Begegnung“, so Nils Kramer. „Unser Konzept der
Tiernähe ließe sich mit Krokodilen nur schwer umsetzen. Die Bartagamen und Pythons jedoch sind
schon von vielen Menschen im Rahmen unseres Bildungsangebotes hautnah erlebt worden!“ ergänzt
der Zoodirektor. Und es ist allgemein bekannt, dass der Mensch eher bereit ist zu schützen was er
liebt und er liebt nur, was er kennt. Die beliebten Reptilien im Nordhorner Zoo werden daher
hoffentlich dafür sorgen, dass die Zoobesucher bereit sind eine Spende für das neue „Zootier des
Jahres“ zu leisten.
Hintergrundwissen zum Krokodil
Krokodile teilten sich ihren Lebensraum bereits mit den Dinosauriern. Seit mehr als 200 Millionen
Jahren bevölkern die perfekten Jäger nahezu unverändert unseren Planeten – bis der Mensch
auftauchte. Nun stehen die Nützlinge mit dem Imageproblem kurz vor dem Untergang, weswegen
die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) das Krokodil zum „Zootier des
Jahres 2021“ gekürt hat. Bei der diesjährigen Kampagne sollen mit den gesammelten Geldern
vorrangig drei Projekte unterstützt werden, die sich um den Erhalt der Kuba-, Siam- und
Philippinenkrokodile kümmern.
„Krokodile sind keine schwimmenden Handtaschen, sondern haben eine immens wichtige Aufgabe in
ihren Ökosystemen. Es ist Zeit zu handeln, denn ohne akute Schutzmaßnahmen werden einige
Krokodilarten bald gänzlich von unserem Planeten verschwinden“, sagt Dr. Sven Hammer, 1.
stellvertretender Vorsitzender der ZGAP.
Die Menschen dringen bis heute immer weiter in den Lebensraum der Krokodile ein und töten sie,
weil sie die Tiere als Gefahr für sich und ihre Haustiere ansehen. Ihr Fleisch und die Eier werden
verzehrt, die Moschusdrüsen der Krokodile werden zur Parfümherstellung genutzt und weil Krokodile
Fische fressen, gelten sie als darüber hinaus als Konkurrenten der Fischer.
Zusätzlich dezimiert der Lebensraumverlust, etwa durch den Bau von Dämmen, sowie die
zunehmende Wasserverschmutzung die Krokodilbestände. An den Rand der Ausrottung brachte die
Krokodile jedoch insbesondere die wachsende Nachfrage nach ihrer Haut, weil die Modeindustrie
anfing, daraus Handtaschen, Schuhe, Koffer, Gürtel und andere Waren herzustellen.
Viele Krokodilarten gelten daher als gefährdet und sechs Arten werden von der
Weltnaturschutzunion IUCN bereits als „von der Ausrottung bedroht“ eingestuft.
Die Rolle der Krokodile im Ökosystem
Krokodile haben, wie viele andere Beutegreifer auch, ein Imageproblem. Sie werden oft als
menschenfressende „Monster“ angesehen und schafften es so als Darsteller in den einen oder
anderen Hollywoodfilm. Tatsächlich übernehmen Krokodile aber eine äußerst wichtige Aufgabe für
ihre Umwelt: Da sie unter anderem Aas fressen, reinigen sie die Gewässer und anliegende
Landflächen von Kadavern. Wenn sie jagen, haben sie es besonders auf schwache, verletzte und
kranke Tiere abgesehen. Sie regulieren zudem die Bestände räuberischer Welse oder Piranhas, die
sich ihrerseits von für den Menschen bedeutenden Speisefischen ernähren.
Entfernt man Krokodile aus diesem Kreislauf, gerät das ökologische Gleichgewicht aus den Fugen.
Durch den Ausfall der großen Jäger nehmen die Populationen der Raubfische zu und viele andere
Organismen wie Bakterien, Algen, Krebstiere, Weichtiere oder Wasserinsekten verschwinden, weil
sie auf die Hinterlassenschaften der Krokodile spezialisiert sind.
„Die bereits jetzt erkennbaren, negativen Auswirkungen auf die Ökosysteme in den Heimatländern
der Krokodile machen ihren Schutz daher besonders wichtig“, sagt Viktoria Michel,
Projektkoordinatorin der „Zootier des Jahres“- Kampagne, „weshalb sich die ZGAP dazu entschied,
das Krokodil zum „Zootier des Jahres“ 2021 zu küren.“

Schutzprojekte
Konkret werden dieses Jahr drei Schutzprojekt mit den Kampagnengeldern unterstützt.
In der Natur leben nur noch knapp 100 Philippinenkrokodile, daher wird auf den Philippinen der Bau
neuer Auswilderungsanlagen für Krokodile und einer weitere Nachzuchtstation direkt in dem
Auswilderungsgebiet finanziert. Zudem soll ein Zentrum für Umweltbildung, sowohl für Einheimische
als auch für Touristen, entstehen und ein Konzept für nachhaltigen Tourismus in der Region
umgesetzt werden.
In den Süßwassersümpfen Kubas haben Kubakrokodile ihr kleines Verbreitungsgebiet. Die
Nachzuchtbemühungen der seltenen Krokodile verliefen bisher sehr erfolgreich, weshalb nun wieder
Kubakrokodile unter kontrollierten Bedingungen ausgewildert werden. Um die Biologie der Tiere
weiter zu erforschen und sie vor illegaler Wilderei zu schützen, erhalten einige der Krokodile GPSSender.
Auch Siamkrokodile existieren nur noch in kleinen Populationen in Kambodscha, Laos und Thailand.
Derzeit wird ein weiteres Restvorkommen auf Borneo vermutet, was nun mittels Umwelt-DNA
aufgedeckt werden soll. Nur so können noch rechtzeitig Schutzmaßnahmen für die bedrohten
Krokodile eingeleitet werden.
Zur „Zootier des Jahres“- Kampagne
Die „Zootier des Jahres“ Kampagne wurde 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich für gefährdete
Tierarten einzusetzen, deren Bedrohung bisher nicht oder kaum im Fokus der Öffentlichkeit steht. So
werden für den Titel „Zootier des Jahres“ Tierarten ausgewählt, die teils kurz vor der Ausrottung
stehen, jedoch bisher keine oder nur sehr wenig Lobby haben und auch oft nicht von „großen
Naturschutzorganisationen“ beachtet werden.
Letztes Jahr konnten etwa durch die Kampagnengelder viele nachhaltige Schutzmaßnahmen für Beos
erfolgreich umgesetzt werden.
Um in Form von Öffentlichkeitsarbeit und konkreten Artenschutzmaßnahmen möglichst viel für die
im Fokus stehende Tierart bewirken zu können, bündeln vier im Artenschutz aktive Partner ihre
Kräfte. Mit der federführenden Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V.
(ZGAP), arbeiten die Einrichtungen und Mitglieder der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG),
des Verbandes der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) und der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ)
eng zusammen.
Zoologische Gärten als treibende Kraft im Artenschutz
Zoologische Gärten halten und züchten gefährdete Tierarten und eröffnen ihren Besuchern
interessante Einblicke in biologische und ökologische Zusammenhänge. Auch Philippinenkrokodile
werden in europäischen Zoos nachgezüchtet. Das Zuchtbuch dafür wird im Zoologischen Garten Köln
geführt. Die Philippinenkrokodile aus europäischen Zoos sind für die Population auf den Philippinen
extrem wichtig, denn die europäischen Tiere wurden im Gegensatz zu vielen Krokodilen auf
philippinischen Krokodilfarmen nicht mit anderen Krokodilarten gekreuzt und sind daher besonders
für die Auswilderung geeignet.
Bereits Mitte Dezember 2020 durften „Hulky“ und „Dodong“, zwei Philippinenkrokodilnachzuchten
aus dem Kölner Zoo, die Reise in ihr ursprüngliches Heimatland antreten. Nach der Eingewöhnung
werden die beiden Nachzuchten ihren Beitrag dazu leisten eine reinerbige
Philippinenkrokodilpopulation zu gründen, mit dem Ziel der Auswilderung im Naturschutzgebiet.

Text und Foto: Tierpark Nordhorn