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Eissporthalle, Eissport und Kreissportbund: Über Wahlkampf und Loyalitäten

Am 7. Mai 2023 findet der von Grünen, CDU und SPD im Grafschafter Kreistag beschlossene zweite Bürgerentscheid zur Zukunft der Eissporthalle in Nordhorn und damit des gesamten Eissports in der Grafschaft Bentheim statt. Die Wahlberechtigten sind aufgerufen, für oder gegen einen Neubau als Ersatz für die bereits bestehende Halle zu stimmen, für deren Sanierung sich im März 2021 fast 75 % der Wähler ausgesprochen hatten.

Unter Führung des derzeitigen Landrates, unterstützt von CDU und SPD, war die bis dahin nicht zur Debatte stehende Option „Neubau einer Eissporthalle“ ins Spiel gebracht worden, weil durch Gutachten ersichtlich geworden sei, dass die Kosten für eine Sanierung der bestehenden Halle fast identisch mit den Kosten für einen Neubau seien. Die Politik beschloss in Folge diesen Neubau, allerdings mit der Maßgabe, die Bürger darüber noch einmal abstimmen zu lassen. Die vom Bürger ursprünglich eingeforderte Sanierung war damit vom Tisch.

Im gesamten Verlauf der Diskussionen rund um das Ergebnis des ersten Bürgerentscheids präsentierten Kreisverwaltung und Kreispolitik in regelmäßigen Abständen Zahlenmaterial, welches ins Exorbitante abdriftende Kosten dokumentieren sollte. Dies führte dazu, dass sich im Vorfeld des Bürgerentscheids Verbände wie die Grafschafter Wirtschaftsvereinigung, aber auch unlängst die SPD öffentlich für eine Ablehnung des Neubaus und damit das Ende des Eissports in der Grafschaft aussprachen. Begründet wurde dies u. a. damit, dass die Finanzierung und der Betrieb des Neubaus finanzielle Mittel benötige, die dann für andere Zwecke, z. B. für die Unterstützung weiterer sportlicher Zwecke, kultureller Angebote oder die Kinderbetreuung nicht zur Verfügung stünden.

Dass der erste Bürgerentscheid eine so große Zustimmung für die Sanierung der bestehenden Eissporthalle erbrachte, lag insbesondere an der grafschaftweiten, sportartübergreifenden Unterstützung für die Bürgerinitiative zur Rettung der Eissporthalle und den Eissport insgesamt. Hier zeigte sich einmal mehr, wie sehr der Grafschafter Sport sich als „Familie“ betrachtet – einer für alle, alle für einen. Obwohl seitens der Kreispolitik schon damals versucht wurde, den Sport mit der Angst auseinanderzudividieren, bei Sanierung und Weiterbetrieb der Halle für andere Sportarten weniger Mittel zur Verfügung stellen zu können, stand der Grafschafter Sport wie eine Eins hinter Eissporthalle, Eissportvereinen und den Eissport insgesamt.

Dass nun ausgerechnet der Vorstand des Kreissportbundes (KSB) als Zusammenschluss von Sportvereinen und Fachverbänden in der Grafschaft sich als Wasserträger für Kreisverwaltung und Mehrheitspolitik sowie als Katalysator für deren Anti-Hallen-Propaganda erweist, und damit zur Gefahr wird, einen Keil in die Grafschafter Sportfamilie zu treiben ist eine weitere traurige Etappe in der unendlichen Geschichte um die Eissporthalle.
Aufgabe des KSB ist u.a. die Übernahme der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder, ihre Vertretung und ihre Förderung. Es gehört nicht zu seinen Aufgaben, die Partikularinteressen einzelner Vereine, bestimmter politischer Parteien oder aber Vorgaben aus der Kreisverwaltung zum Nachteil anderer zu vertreten bzw. dafür zu werben – schon gar nicht, wenn den Betroffenen derartige Möglichkeiten der Eigenwerbung wie sie der KSB mit seinen 50.000 Mitgliedern hat, nicht zur Verfügung stehen.

Am 29.03.2023 versandte die Geschäftsführung des KSB eine E-Mail an alle Mitgliedsvereine – außer dem Eishockeyverein – mit dem Link zu einer Online-Befragung, in der die Vereine sich zu dem Projekt „Neubau der Eissporthalle Nordhorn“ äußern sollen. In dieser E-Mail wird ausdrücklich erklärt, dass der KSB die Frage, ob eine neue Eissporthalle gebaut werden soll, „nur mit ‚Nein‘“ beantworten könne. Im Anschluss erfolgt in 6 Stichpunkten eine Begründung, die fast wortwörtlich den Gründen entspricht, welche insbesondere Kreisverwaltung und die grünschwarze Mehrheitsgruppe im Kreistag seit Monaten gegen die Eissporthalle ins Feld führen, die jedoch nicht besser werden, nur weil man sie ständig wiederholt:

  1. Eine multifunktionale Nutzung der Eissporthalle ist nicht möglich.
    Die vorhandene Eissporthalle wurde durchgehend von den Vereinen genutzt – im Sommer ebenfalls täglich. Sommertraining (Fitness, Koordination) – keine Schlittschuhe, keine Inliner. Dazu gab es natürlich auch Spiele auf Inlinern, jedoch nicht von den Mannschaften des Eishockeyclubs. Hintergrund: keine andere Sporthalle bietet bei hohen Temperaturen ein so angenehmes Klima.
  2. Abriss- und Baukosten von 22,5 Millionen Euro und Betriebskosten von 1,1 – 1,4 Millionen Euro / Jahr sind aus Kosten-/Nutzen-Perspektive nicht möglich, weil auch kein Betreiberkonzept vorliegt.
    Dass eine neue, moderne Eissporthalle 1.000.000 kW Strom verbraucht, eine alte, angeblich marode Halle aber nur 250.000 kW, ist zu hinterfragen. Darüber hinaus erlauben intelligente technische Lösungen auf dem Gebiet der Energieversorgung heutzutage, trotz gestiegener Energiekosten die Kosten insgesamt zu senken. Solche technischen Lösungen kommen aber in keinem der von der Verwaltung vorgelegten Gutachten vor.
  3. Ein belastbares Sport- und Freizeitkonzept sowie ein konzeptioneller Ansatz für einen multifunktionalen Neubau sind nicht vorhanden.
    Im Sommer lassen sich Eiszeiten an andere Vereine vermieten. Grundsätzlich gilt wie schon unter Punkt 1 erwähnt, dass sich auf Beton wunderbar Koordination und Kondition trainieren lässt.
  4. Ein Lehrstand von ca. 4 Monaten im Jahr ist nicht zielführend.
    Witterungsbedingt sollte der Betrieb sogar wieder auf 10 Monate erhöht werden wie es in früheren Jahren der Fall war, umso höher wäre der Ertrag durch Nutzung der Energiespeicher im Eis.
  5. Es liegt kein Finanzierungskonzept vor. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzierung der neuen Halle negative Auswirkungen auf die Sportförderung durch die Kommunen haben wird.
  6. Hoher Sanierungs- und Modernisierungsstau bei den Sportstätten im Landkreis. Schon die vorhandenen Mittel reichen nicht aus.
    Laut Aussage des bisherigen Kreisrates Dr. Kiehl im Sommer 2022 könne die Eissporthalle finanziert „und auch gut finanziert“ werden.
    Der angeführte Sanierungsstau ist hausgemacht. Bei der Eissporthalle wurden durch die früheren Betriebsleiter die Lüftungssysteme abgeschaltet um Strom zu sparen. Betriebsleiter der Eissporthalle war damals u. a. Bodo Werner, heute geschäftsführender Vorstand des KSB .

Besonders die Personalie Bodo Werner macht es erforderlich, sich genauer mit den Vorstandsmitgliedern des KSB zu beschäftigen.
Diese Personen sind zu einem großen Teil gleichzeitig in der Grafschafter Kommunalpolitik tätig – insbesondere mit SPD und CDU in den Parteien, die über Jahre verantwortlich für eine verfahrene Sachlage waren, welche letzten Endes zum Bürgerentscheid führte. Im Kreissportbund – so entsteht der Eindruck – führen sie jetzt die gegen den Fortbestand der Eissporthalle gerichtete Politik fort, welche sie (oder ihre Angehörigen) vor dem ersten Bürgerentscheid betrieben hatten. Außerdem vertreten führende Mitglieder die Interessen großer Grafschafter Vereine und sehen durch die Umsetzung des Bürgerentscheids offensichtlich die Gefahr, dass Gelder für die Eissporthalle zu weniger Mittel für den eigenen Verein führen könnten. Vorstandsmitglieder des Kreissportbundes haben aber laut Definition seines Arbeitsauftrags (siehe weiter oben) nicht Partikularinteressen von Einzelvereinen zu vertreten oder gar zu fördern, sondern sind für den gesamten Grafschafter Sport inklusive Nischensportarten da – also auch für den Eissport.

Bodo Werner (geschäftsführender Vorstand des KSB)
Bodo Werner war jahrelang Betriebsleiter der Eissporthalle und hatte so direkten Einblick in die Entwicklung der Bausubstanz der Halle bzw. deren zunehmende Verschlechterung – auch auf Grund der Tatsache, dass ihn zahlreiche Nutzer und Engagierte regelmäßig darauf hinwiesen, dass beizeiten etwas getan werden müsse, um die Bausubstanz zu erhalten. Genau dieser Herr Werner ist nun geschäftsführender Vorstand im Kreissportbund und beratendes Mitglied im Sportausschuss. Es dürfte eher unwahrscheinlich sein, dass er sich dort mit möglichen Versäumnissen in seiner früheren Tätigkeit befasst sehen möchte.

Gisela Snieders (SPD / Vorwärts Nordhorn)
Frau Snieders war bis 2021 über 20 Jahre Geschäftsführerin des Sportvereins Vorwärts Nordhorn. Ihr Ehemann Gerd war jahrelang Vorsitzender dieses Vereins, der viele Sportarten unter seinem Dach vereinigt, allerdings nicht den Eissport. Frau Snieders ist ebenfalls jahrelang Teil der SPD-Kreisführung, u. a. Fraktionsgeschäftsführerin. Die Kreis-SPD unter Führung von Gerd Will ein entschiedener Gegner der Eissporthalle.

Eckart Wassermann (Vorwärts Nordhorn / Ehemann der Grafschafter Kreistagsabgeordneten und Eissporthallen-Gegnerin Monika Wassermann, CDU)
Auch Herr Wassermann war einst Vorsitzender von Vorwärts Nordhorn sowie Kassenprüfer. Wichtiger ist jedoch seine Ehefrau Monika. Die CDU-Kreistagsabgeordnete positionierte sich in einer Kreistagssitzung unmittelbar vor der Initiierung des Bürgerentscheids wie folgt:
„Wir dürfen so nicht mit dem Geld der Bürger umgehen. Eine Halle für verhältnismäßig wenige Eissportler ist lediglich ein ´nice to have ´- eine Sache, die man gerne hätte, aber nicht braucht.“ Ihr Lohner Ortsverband kämpfte mit Wietmarschen mit am verbissensten von allen CDU-Verbänden gegen im ersten Bürgerentscheid gegen die Halle.

Volker Friese (SPD / VfL Weiße Elf, Nordhorn / Geschäftsführer MoveINN, Sportpark)
Volker Friese ist in der SPD und im Grafschafter Sportvereinsleben sehr rührig und wirft auch gern sein ganzes Gewicht in die Waagschale, wenn es um den Fußball geht. Auf Veranstaltungen der Bürgerinitiative zur Rettung der Eissporthalle wurde er jedoch nie gesehen. Die vorhandene Eissporthalle verhindert eine anderweitige Nutzung des Geländes.

Es wäre dringend erforderlich, diese Sachverhalte den angeschriebenen Vereinen zur Kenntnis zu bringen, damit sich ihre Vorstände und Mitglieder selbst ein ausgewogenes Bild über den tatsächlichen Sinn und Zweck der E-Mail und darüber machen, in welcher Funktion sie den Kreissportbund in Zukunft (wieder) sehen möchten.

Hier der Link zur Umfrage: https://forms.office.com/e/0Jj0xL9L35

Text: Bürgerinitiative zur Rettung der Eisspothalle