Musik

nikan – bittersüss – Fokustrack: neonlichter

s gibt Newcomer – und es gibt nikan. Wobei die Bezeichnung auf den Düsseldorfer im Jahr 2023 längst nicht mehr zutrifft. Gut drei Jahre ist es her, dass der Rookie nach seinem ersten Tape einen Deal bei NOV11, dem Label von Producer-Genie stickle, landete. Aus gutem Grund: nikan war zwar neu im Game, aber so stilbewusst, progressiv und innovativ wie kein anderer Youngin der New Wave. Zwei EPs, Singles mit siebenstelligen Streamingzahlen, wilde Moshpit-Shows und Festival-Gigs später veröffentlicht nikan mit „bittersüss“ nun sein Debüt.

„bittersüss“ ist aus ganz unterschiedlichen Gründen ein beeindruckendes Album. Das liegt zum einen an nikan selbst, der es wie kein anderer Rapper der neuen Generation schafft, Songs zu schreiben, deren ausgewogenes Verhältnis aus Schlagwörtern und schönen Formulierungen in Kombination mit einer Dichte an Details und diesem ganz eigenen Timbre in der Stimme einen Vibe kreieren, der auf beispiellose Weise den Moment zwischen Adoleszenz und Anfangzwanziger-Lifestyle catcht. Dabei gibt nikan sich nie arrogant oder abgehoben, sondern immer humble und dankbar.

Eine Realness, die sich auch in der Musik widerspiegelt, deren Vielseitigkeit, die ihresgleichen sucht. Dabei wirken die unterschiedlichsten Vibes in keinem Moment wie eine Anbiederung, sondern sind die logische Konsequenz aus nikans eigenen Hörgewohnheiten. In Kombination mit der musikalischen Vielseitigkeit entstehen daraus künstlerischer Perfektionismus und eine Ästhetik, die ihresgleichen sucht.

Das fängt schon bei „unterwegs“, dem ersten Stück des Albums an: Vögel zwitschern, ein Piano spielt in Dur eine Melodie, die auch Frank Ocean gut gestanden hätte, während nikan zu Synth-Streichern mit bittersüßem Schmerz im Herz zu einer bildgewaltigen Bestandsaufnahme ansetzt, ehe er mit „gtmf“ von mellow Melancholie direkt auf allerfeinsten Bounce zwischen Drift Phonk und Memphis Sound switcht – gechoppte Vocalsamples auf halber Geschwindigkeit und drückende Subbässe inklusive.

„b+“ ist düster-dröhnender Halftime-Trance, für den nikan sich Unterstützung von seinem Day One und 1379-Member Ian holt, ehe die beiden im Anschluss auf „cozyy“ zu smoothen Samples und Staccato-Kicks mit allerfeinstem Jersey-Club-Vibe back to back gehen. „ipod 2006“ ist nicht nur dank dem Titel der perfekte Retro-Jam, „kaytranada session“ ist der bouncende OST für den Uber-Ride vom einen Club der City zum nächsten, während „seelen“ die downside von durchfeierten Nächten zeigt und „neonlichter“ minimalistischen Lo-Fi-House in Richtung Rap flippt.

Ganz anders „pink“ – laid back der bisher wohl persönlichste Tracks von nikan. Ein Song für den Sommer und seine endlosen Abende. Über die Farbe des Himmels während dem Sonnenuntergang und Feelings zwischen frischer Liebe und tiefem Vertrauen. Aber die Zeit rast, der Himmel reißt auch in der tiefsten Nacht auf und schafft Erinnerungen, die für immer halten. Und vielleicht liegt genau darin die Stärke dieses Debüts von nikan. Es ist, wie der Düsseldorfer schon im Intro sagt: „Mic ist an, rap‘ es ein, / was ich fühl, in jeder Line.“ – und daraus entsteht Musik über den Moment, die ihn doch überdauert.

Text und Foto via Sony Music