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Zweifinger-Faultier „Morpheus“ on tour

Nachwuchs aus dem Nordhorner Tierpark nach Stuttgart umgezogen
Wenn Zootiere umziehen, dann reisen sie in der Regel 1. Klasse. Im Fall von
Faultiernachwuchs „Morpheus“ bedeutete das: eine geräumige Faultierkiste mit Ast
zum Festhalten, weiche Decken am Boden und prall gefüllte Futterschalen. Ziel
seiner Reise: die Wilhema, der Zoologisch-Botanische Garten in Stuttgart. Dort soll
„Morpheus“ in das Amazonienhaus zu den beiden Faultierweibchen „Edeka“ und
„Aluna“ ziehen. „Edeka“ ist mit ihren 10 Jahren ein erfahrenes Zuchtweibchen,
dessen 3. Jungtier „Aluna“ ebenso wie „Morpheus“ 2022 geboren wurde. Wenn sich
alle drei gut verstehen, soll Morpheus zukünftig für Nachwuchs in der neuen
Wohngemeinschaft sorgen.
Das mit dem „gut verstehen“ ist leider keine Selbstverständlichkeit bei Faultieren. In
der Natur sind die zu den Nebengelenkstieren zählenden Südamerikaner eher
Einzelgänger. Die einzig längere soziale Bindung, die diese skurrilen
Regenwaldbewohner aufbauen, ist die zwischen Mutter und Kind. Man kann
Faultiere daher nicht wie Antilopen in großen Gruppen halten. „Schon die Haltung
von einem Männchen zusammen mit zwei Weibchen wie jetzt neu in Stuttgart oder
auch bei uns in Nordhorn ist eine Seltenheit“, berichtet Kuratorin und Zootierärztin Dr.
Heike Weber.
In der Regel bringt ein weibliches Zweifinger-Faultier nach einer Tragzeit von 11
Monaten ein Jungtier zur Welt. Das Junge ist vollentwickelt, hat die Augen geöffnet
und besitz bereits sofort einen sehr stark entwickelten Klammerreflex. Dieser ist
Überlebenswichtig, denn es muss sich die folgenden 6 Monate am Fell seiner Mutter
eigenständig festklammern und ist von Ihrer Milchquelle sowie den Blättern, die sie
greift und kaut abhängig. Als Säugetiere trinken Faultiertierjunge 6-10 Monate lang
Milch, fangen aber schon nach einigen Tagen an auch feste Nahrung aufzunehmen.
In der Natur sind dies verschiedene Blattsorten, im Zoo zusätzlich unterschiedlichste
Salat- und Gemüsesorten.
Der Tierpark Nordhorn hält seit 24 Jahren Zweifinger-Faultiere (Choloepus
didactylus) und ist bekannt für seine Zuchterfolge. Seit 2005 gibt es regelmäßig
Nachwuchs, was das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) dieser Tierart
sehr freut. Die Zuchtbuchleiterin des EEPs, das im Zoo Halle geführt wird, weiß
genau welches Faultiere in welchem Zoo lebt. Sie errechnet mit Hilfe eines
Computerprogrammes die Verwandtschaftsverhältnisse und macht Vorschläge, in
welchen Zoo nachgezüchtete Faultiere abgegeben werden sollten.
Im Jahr 2022 hatten im Tierpark Nordhorn beide Zuchtweibchen jeweils erfolgreich
ein Jungtier aufgezogen. „Manni“ von Zuchtweibchen „Gypsie“ wurde auf die EEPEmpfehlung
hin 2023 bereits an den Zoo Beauval in Frankreich abgegeben. Für
„Morpheus“ von Zuchtweibchen „Wutz“ ging es erst jetzt „on tour“. „Er lag für ein
Faultier ungewöhnlich lange auf dem Bauch seiner Mutter und hat gern noch ihre
Milchquelle genutzt. Und auch danach hat er viel Zeit mit seiner Tante Gypsie
zusammen im Schlafkorb verbracht. Da die ungewöhnliche Gruppenstruktur so
harmonisierte, haben wir bei „Morpheus“ mit der Abgabe noch etwas gewartet“,
schmunzelt Weber. Aber nun wurde es auch für ihn Zeit.
„Wir hoffen, dass sich Morpheus zwischen all den neuen Mitbewohnern im
Amazonienhaus der Wilhlema gut einleben wird“, so Zoodirektor Dr. Nils Kramer.
Denn neben dem neuen Gehege und den beiden Faultierdamen wird „Morpheus“ auf
für ihn noch unbekannte Sakis, Goldkopflöwenäffchen und diverse Schildkrötenarten
treffen. Immerhin kennt er aus Nordhorn Blaulatzsittiche, Landschildkröten und auch
Totenkopfaffen – letztere aber nur aus seiner kurzen Quarantänezeit und nur auf
Entfernung. Spannend wird es also allemal für ihn werden!
Fotos:
Faultier „Morpheus“ in seiner Transportbox kurz vor der Verladung – Tierparkarchiv
Die Transportbox wird verladen und die Zoomitarbeiter verabschieden sich von dem
in Nordhorn geborenen Faultier – Tierparkarchiv
Mit einem speziellen Transportunternehmen für Zootiere trat „Morpheus“ die Reise
nach Stuttgart an – TIerparkarchiv
Morpheus nach seinem Einzug in das Amazonienhaus in Stuttgart – Dr. Annika
Weigold, Wilhelma Stuttgart

Text: Tierpark Nordhorn

Foto: Dr. Annika Weigold, Wilhelma Stuttgart