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Alexander Terwolbeck verlängert nach 26 Jahren im Verein um zwei weitere Jahre – Interview mit dem HSG- Kapitän über gestern, heute und morgen 


Unzählige Berichte über frühere Vertragsverlängerungen von unserer Nr. 18 sind bereits geschrieben worden. In jedem werden seine langjährigen Verdienste für unseren Club aufgezählt und gefeiert – und die Erfolgsgeschichte geht weiter: Spielmacher Alexander Terwolbeck, der im August 31 Jahre alt wird, hat seinen Vertrag bei der HSG bis 2024 verlängert. 

In Kurzform: Bereits mit knapp fünf Jahren hat Alex mit dem Handballspielen angefangen – bei der HSG Nordhorn. Seit 2009 gehört er dem Kader der 1. Herren an, für die er seit 2017 das Amt des Mannschaftskapitäns übernommen hat. In seiner Vita stehen über 400 Partien sowie mehr als 500 Tore für das Profiteam der HSG. Und damit direkt rein ins Interview, das wir in gemütlicher Atmosphäre bei ihm zu Hause in Nordhorn geführt haben: 

Hallo Alex, du hast ja schon oft davon gesprochen, doch erzähl bitte nochmal kurz, wie es bei dir mit dem Handball losgegangen ist. 

„Angefangen, Handball zu spielen, habe ich 1996. Zu dieser Zeit gab es schon einen großen Hype um die HSG, die Ende der 90er ja auch in die 1. Liga aufstieg. Meine Freunde und ich waren bei jedem Heimspiel dabei und sind später auch auswärts mit dem Fanbus mitgefahren. Wir sind um das Euregium herum aufgewachsen und wir wollten alle Profis werden. Mit Hannes Hombrink, Eike Rigterink, Matze Poll – und mir haben es sogar vier Spieler unseres Jahrgangs bis in die Bundesliga geschafft.“ 

Wie ist es bei dir, als du alle Jugendmannschaften durchlaufen hattest, dann tatsächlich dazu gekommen? 

„Das kam über die 2. Mannschaft in der 3. Liga, dort spielte ich unter Heiner Bültmann als 17-Jähriger parallel zur A-Jugend. Zur Rückrunde der Saison 2008/2009 gehörte ich dann, aufgrund zahlreicher Abgänge im Zusammenhang mit den finanziellen Problemen des Vereins, zum Kader der Ersten. Unter Trainer Ola Lindgren habe ich da mit Weltklassehandballern trainiert. Die finanziellen Probleme führten dann bekanntlich zum Zwangsabstieg der HSG. Darüber war ich ganz traurig und habe zunächst gar nicht realisiert, dass das meine größte Chance war.“ 

Und von da an ging es für dich in der 2. Liga nach vorn, oder? 

„Ja, bis zum Alter von 22 hatte ich noch ein Doppelspielrecht. Ich war weiter für die Zweite im Einsatz, doch immer öfter auch in der Ersten. Parallel dazu machte ich nach dem Abi in der HSG-Geschäftsstelle eine Ausbildung zum Bürokaufmann. So bekam ich tolle Einblicke hinter die Kulissen des Vereins und konnte zudem morgens trainieren. Wenn ich gleich mit 19 zum Studium gegangen wäre, hätte ich es körperlich bestimmt gar nicht geschafft.“ Zum Studium bist du nach der Ausbildung dann doch gegangen … 

„Luca de Boer war zeitgleich mit mir in der HSG-Geschäftsstelle und machte dort sein FSJ. Wir bekamen beide die Zusage für einen Studienplatz in Münster, gingen gemeinsam dahin und belegten auch ähnliche Studiengänge – beide Lehramt. Ich studierte Deutsch und Sport für das Berufskolleg.“ 

Trotz deines „Nebenberufs“ als Profihandballer hast du dein Studium erfolgreich abgeschlossen. Worum ging es in deiner Abschlussarbeit? 

„Ehrlich gesagt war mein Nebenberuf immer Student. Handball stand für mich immer an erster Stelle, weshalb das Studium dann auch ein wenig länger gedauert hat. In meiner Masterarbeit ging es um Handball, genauer gesagt um den siebten Feldspieler. Und ich bin auch durchaus ein Freund davon, diese Taktik in bestimmten Situationen zu nutzen.“ 

Willst du später auch mal als Handballtrainer arbeiten? 

„Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Und da gibt es ja auch einige Vorbilder, also Trainer, die noch parallel als Lehrer arbeiten oder zeitweise freigestellt sind. Ben Matschke aus Wetzlar z. B. ist Berufsschullehrer. So weit ist es bei mir ja noch nicht, doch mein Referendariat werde ich auf jeden Fall machen.“ 

Wenn dein neuer Vertrag 2024 endet, …

 „Dann werde ich 33 und schaue, wie es mir gesundheitlich geht. Aktuell bin ich top fit und habe noch viel Spaß am Handballspielen. Das sind für mich die Grundvoraussetzungen, um weiter Handball zu spielen.“ 

Handball spielst du nun schon seit 26 Jahren. Hattest du immer so viel Spaß daran?

„Als Daniel im Sommer 2020 zu uns kam, hatte ich nach Abschluss meines Studiums und einer schweren Saison bereits überlegt, mit dem Handball aufzuhören, weil ich ein wenig den Spaß verloren hatte. Er hat mich damals überzeugt weiterzuspielen und mir den Spaß zurückgegeben. Daniel ist ein Trainer, der sehr hart und akribisch arbeitet und das auch von seinen Spielern erwartet. Das kommt mir sehr entgegen, weil ich gerade körperlich nicht mit dem größten Talent gesegnet bin und deshalb mehr tun muss als der eine oder andere Kollege. Taktisch knüpft Daniel an das an, was wir jahrelang erfolgreich unter Heiner Bültmann gespielt haben. Dabei hat er aber einen unterschiedlichen Ansatz als Heiner. Ich finde er schaut mehr auf Details der Einzelspieler.Als Kapitän bin ich natürlich eine Art Bindeglied zwischen Daniel und der Mannschaft und gebe gegenseitige Rückmeldungen. Alles in allem: Es ist ein enger Austausch zwischen uns, und wir haben ein vertrauensvolles Verhältnis.“ 

Stichwort Mannschaftskapitän – wie lange hast du diese Position schon?

„2016/17 waren Nicky Verjans und sein Co-Kapitän, unser neuer Co-Trainer, Frank Schumann länger verletzt, da habe ich den Job das erste Mal übernommen. Und zur Saison 2017/18 bin ich dann ‚fest‘ Mannschaftskapitän geworden.“ 

Themawechsel: Zuletzt wurde ja auch viel über Abgänge nach Ende der Saison berichtet und die HSG-Fans sehnen sich nach ‚good news‘. Wie war das in deinem Fall? 

„Anfang des Jahres hat die HSG signalisiert, dass sie gerne weiter mit mir arbeiten möchte. Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut. Ich habe das Ganze dann mit meiner Freundin besprochen, weil Sie in Hannover lebt und arbeitet und wir seit Jahren eine Fernbeziehung führen. Als ich der HSG dann zugesagt habe, galt lange das Wort, ehe wir es jetzt vertraglich festgehalten haben.“ 

Nochmal zurück zu den Abgängen … 

„Es ist mir ganz wichtig, gerade auch zu Patrick und Pavel noch etwas zu sagen. Wir haben so lange zusammengespielt und das hat immer superviel Spaß gemacht. Ich habe großen Respekt für das, was sie für den Verein geleistet haben. Patrick ist seit vielen Jahren mein Kollege auf derselben Position in der Rückraum-Mitte und hat auch häufig neben mir gespielt. Er ist ganz vielseitig und war bei uns außer im Tor auf jeder Position im Einsatz. Auf ihn war immer verlass und es hat Spaß gemacht zu improvisieren. Über Pavel braucht man nicht viel sagen: Er ist eine Vereinslegende. Ich habe ihm schon als Fan zugejubelt. Wie er sich nach so vielen Jahren im Profisport bewegt, ist außergewöhnlich. Er hat eine hohe Anerkennung im Team und es hat immer gutgetan, so einen Spieler in der Mannschaft zu haben.“ 

Trotzdem gehen jetzt beide nach der Saison. Wie stehst du dazu? 

„Wenn langjährige Spieler gehen, gibt es auch bei anderen Vereinen Unmut. Das ist irgendwo verständlich und auch schön, denn es zeigt, welche Wertschätzung diesen Spielern entgegengebracht wird. Nun wird es mit den weiteren Abgängen von Fonny und Robert einen kleinen Umbruch bei der HSG geben. Trotz Wehmut freue ich mich auch darauf, denn das Ganze ist eine Chance. Es kommen neue Charaktere, die neue Erfahrungen mitbringen, von denen wir lernen und profitieren können. Die vorwiegend jungen Spieler werden sich zeigen und entwickeln wollen. Dabei werden die ‚Jungen‘ den ‚Alten‘ sicher auch mal Druck machen. Dies erhöht unsere Trainingsqualität, die für mich ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung unserer Mannschaft und einzelner Spieler ist. Es ist auf jeden Fall eine neue Aufgabe, die mich sehr reizt. Und gerade jetzt, wo ich selber schon älter bin, freue ich mich auch darauf, den jüngeren Spielern etwas mitgeben zu können.“ 

In dem Zusammenhang war zuletzt von einer „Verjüngung“ die Rede … 

„Bei der HSG haben wir viele junge Spieler über einen langen Zeitraum aufgebaut. Dafür gibt es viele Beispiele, ich selbst gehöre ja auch dazu. Und das geschieht jetzt wieder. Es geht darum, lange Spaß an den Spielern zu haben, ihr Niveau nicht nur zu halten, sondern sie weiter zu verbessern. Und wenn das gelingt, ist das auch gut für unsere Entwicklung als Verein.“ 

Du hattest doch sicherlich auch mal Anfragen von anderen Clubs? 

„Solche Anfragen hat es immer gegeben. Doch ich bin hiergeblieben, weil es immer neue Aufgaben gab, und die Möglichkeit, etwas zu entwickeln. Ich schaue dabei auch nicht nur auf mich, sondern sehe das große Ganze. Das macht mir seit Jahren Spaß und ich bezweifle, dass das in der Form bei einem anderen Verein möglich gewesen wäre. Es ist sicher nicht alles gut daran, immer bei einem Verein zu bleiben. Doch Spieler, die weit weg von zu Hause sind, geben auch viel auf. Meine Freunde und Familie sind hier, deswegen brauchte ich das nicht. Meine Freundin ist zwar Lehrerin in Hannover, doch wir sehen uns i. d. R. wenigstens an jedem Wochenende.“ 

Du sprichst von der HSG häufig in der Wir-Form. Wie stehst du zu dem Verein? 

„Die HSG ist für mich wie eine Art Familienbetrieb. Es fühlt sich nie wie Arbeit an, weil es mir großen Spaß macht. Ich darf hier meine Meinung sagen und mich auch neben dem Feld mit einbringen. Ich weiß, wo wir herkommen, habe auch einige Rückschläge miterlebt. Wir sprachen ja schon z. B. über die schwierige Zeit nach 2009. Heute stehen wir sportlich und wirtschaftlich sehr stabil da. Es gibt immer noch ein großes Potenzial, doch wir haben auch schon viele Schritte getan.“ 

Also hat sich viel geändert? 

„Mit Matthias Stroot als Geschäftsführer hat sich die HSG gerade im wirtschaftlichen Bereich sehr weiterentwickelt und ihren Etat vergrößert. Wir haben eine sehr professionelle Geschäftsstelle, die mit meiner Zeit als Azubi nicht zu vergleichen ist. Damals hatten wir einen ehrenamtlichen Geschäftsführer und mit Melanie Bültmann nur eine Festangestellte.“ 

Letzte Frage: Was sind deine Hobbys außerhalb der Handballhalle? 

„Eine Freizeitbeschäftigung, mit der ich viel Zeit verbringe, habe ich gar nicht. Mein Hobby ist auch nach wie vor Handball.“ 

Lieber Alex, vielen Dank für das ausführliche und offene Gespräch. Von Herzen wünschen wir dir und deinen Teamkollegen alles Gute für den Saisonendspurt und alles, was danach kommt!


P.S.: Das Bild zeigt unseren Spieler mit der Juniorinnen B-Jugend des F.C. Vorwärts Wettringen vor dem Infozentrum der Urenco Deutschland GmbH in Gronau. Der weltweit tätige Energie- und Technologiekonzern hat vor dieser Saison das Patronat für Alex Terwolbeck übernommen.




Text und Foto: HSG