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Papenburger Autotuning-Szene rettet sich „ihren Dever“

Befristetes Abkommen mit der Stadt Papenburg und dem Dever-Park Management getroffen

Die Parkplätze in Papenburg beim Dever-Park und vor dem Mediamarkt sind seit Jahren ein beliebter und viel genutzter Treffpunkt der Papenburger Autotuning-Szene.

Abend für Abend und besonders an den Wochenenden treffen sich dort viele junge Menschen, die alles eins verbindet: ihre Liebe zu ihren Autos und die Leidenschaft am Autofahren und den Automotorsport.

Es ist eine eingeschworene Gemeinschaft, hier haben sich im Laufe der Zeit viele Freundschaften gebildet, man tauscht Informationen rund ums Autotuning aus und hilft sich gegenseitig.

Ein Teil von Papenburg

Das Bild der abends auf den Parkplätzen beim Dever-Park und dem Mediamarkt stehenden jungen Menschen mit ihren Autos ist im Laufe der Jahre zu einem für viele Papenburger bekannten Bild und Bestandteil von Papenburg geworden.

Dabei sind es längst nicht mehr „nur“ autobegeisterte Fans aus Papenburg. Mittlerweile hat die Szene weitere autobegeisterte Leute aus weitem Umkreis außerhalb von Papenburg dazugewonnen. Ob von Nordhorn, dem ostfriesischen Raum bis an die Küste hoch, aus Oldenburg, Bremen, Hamburg und aus den Niederlanden, selbst Autos mit Kennzeichen von München, all diese sind keine Seltenheit.

Doch das ist seit Freitag, dem 23. Oktober mit einem Schlag vorbei.

Den Autotunern ihren „Familientreffpunkt“ geraubt

Bereits Ende September wurden vom Ordnungsamt der Stadt Papenburg an allen Zufahrtsstraßen zu den Parkplätzen vorm und hinterm Dever-Park/Kaufland, sowie zum Parkplatz vor dem Mediamarkt Durchfahrtsverbotsschilder für die Zeiten von 22 Uhr bis 6 Uhr aufgestellt. Da diese jedoch wenig bis keine Beachtung fanden, wurden am vergangenen Wochenende zusätzlich Barken aufgestellt, die ein Durchfahren verhinderten. Des Weiteren fuhren bereits vor 22 Uhr bis in die Nacht hindurch und auch am Sonntagabend vermehrt die Polizei mit mehreren Einsatzwagen rund um den Dever-Park Streife.

  • Zufahrt vom Kreisel bei der Alten Werft auf den Dever-Park Parkplatz hinterm Kaufland
  • Zufahrt vom Kreisel bei Möbel Albers zu den Parkplätzen vor dem Dever-Park
  • Zufahrt von der McDonald's Auffahrt auf den Parkplatz vorm Dever-Park
  • Zufahrt hinter dem McDonald's Parkplatz auf den Dever-Park Parkplatz hinterm Kaufland
  • Zufahrt vom Kreisel bei der Alten Werft auf den Mediamarkt Parkplatz
  • Absperrbarken zum Mediamarkt Parkplatz
  • Zufahrt vom Kreisel zu den Parkplätzen vom Mediamarkt

Diese neuen Anordnungen der Stadt Papenburg hatten nicht nur in der Autotuning-Szene für viel Überraschung und Unverständnis gesorgt, auch die Diskussionen darum in mehreren öffentlichen Facebookgruppen nahm regelrecht Überhang. Da niemand wirklich genaues wusste, wurde viel spekuliert und Halbwissen entwickelte sich zu Behauptungen und angeblichen Tatsachen.

Dazu beigetragen hat sicherlich auch der Bericht in der Ems-Zeitung. Diese hatte am 26. Okt. 20 ein Statement der Stadt Papenburg veröffentlicht, warum es zu dieser Neuregelung gekommen ist.

Kofferraumpartys, nächtliche Ruhestörungen und vermüllte Parkplätze

ein „Musst-Have“ der Autotuner: ein Klappstuhl

Laut der Stadtsprecherin Karin Evering gibt es seitens der Stadt Papenburg für dieses Verbot keinen Zusammenhang mit der Autotuning-Szene. Grund, die Parkplätze zu sperren, seien ausschließlich die abendlichen und nächtlichen Treffen von jungen Autofahrern, die NICHT der Autotuning-Szene angehören. Diese Fahrer seien immer wieder unangenehm durch unsachliches Verhalten, Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung, wie unnötiger Lärm, vermeidbare Abgasbelästigungen oder unnötiges Laufenlassen der Motoren aufgefallen. Auch war Anlass der Sperrungen die auf den Parkplätzen offenkundig stattfindenden Treffen auch in Form von sog. Kofferraumpartys.

Problemsituation Mülltonnen

In diesem Zusammenhang hat das Centermanagement des Dever-Parks bei der Stadt Papenburg angefragt, on diese eine Regelung  aufgrund der Vermüllung des Platzes Möglichkeiten gibt.

Nachdem man sich gemeinsam mit dem Ordnungsamt, der Polizei und dem Centermanagement abgestimmt hatte, ist man zu dem Ergebnis gekommen, den der Bereich für den Kfz-Verkehr zwischen 22 Uhr und 6 Uhr zu sperren.

Das Leid mit den „schwarzen Schafen“

Wenn gleich die Stadt Papenburg die Sperrungen der Parkplätze nicht im Zusammenhang mit der Papenburger Autotuning-Szene in Verbindung setzt, ist es auch diese, die nun die Folgen dadurch zu tragen haben.

„Wie überall, wo sich mehrere Menschen treffen, gibt es auch immer ein paar schwarze Schafe, die sich nicht an die Regen halten. Und die gab es auch hier beim Dever. Doch warum müssen alle anderen darunter leiden?“, so meine Interviewpartner der Autotuning-Szene.

Maik Salziger und Kira Ölkers – Gründer und Sprecher der Demonstration Dever Gruppe


Wie uns der Sprecher und Gründer der „Demonstrations Dever Gruppe“ der Autotuning-Szene Papenburg, Maik Salziger in einem Interview erzählte, gab es immer mal wieder den einen oder anderen, der mit laut aufheulenden Motoren über die Parkplätze raste oder sog. Donuts (schwarze Reifenkreise) zog. Dabei handelte es sich jedoch immer um fremde, nicht der Szene zugehörige Autofahrer. Natürlich hat das auch bei den Autotunern nicht zu positiver Zustimmung geführt und die Szene spricht sich geschlossen gegen diese „Idioten“ aus, so Maik Salziger. Vielmehr hätten sie sich gewünscht, wenn die Polizei explizit diese Autofahrer aus dem Verkehr gezogen und vom „Dever“ verbannt hätte, anstatt dass die gesamte Autotuning-Szene durch die von der Stadt erfolgen Sperrungen für das Fehlverhalten weniger kollektiv „bestraft“ worden sind.

Vorwürfe abgewehrt

„Diese Autotuner sind doch nichts , als Machos und „bekloppte“ Raser sind, die nichts anderes können, als ihre Autos zu frisieren und sich nicht an die Verkehrsregeln halten können!“, so hört man hier und da immer wieder die unsachliche aus der Hüfte geschossenen Vorurteile. 

Vorurteile, gegen die sich diejenigen, mit denen ich mich zu den Interview getroffen und auch andere aus der Papenburger Autotuning-Szene, die ich bereits einige Tage vorher vereinzelt darauf angesprochen hatte, mit Nachdruck wehren.

Ganz im Gegensatz liegt denen alles daran, dass sich alle an die Regeln halten, um eben genau diese Vorurteile keinen Nährboden zu geben und solche für die Szene nun schlimmen Folgen, wie die Sperrungen der Parkplätze, zu vermeiden.

Soziales Engagement immer im Blick

Wie Kira Ölkers berichtete, werden jährlich große Treffen der Autotuning-Szene in in Papenburg und auch in Bremen organisiert, meistens zusammen mit den ADAC. Die bei diesen Treffen gesammelten  und nicht unerheblichen Spendengelder kamen dabei bislang stets Leukin, dem Verein zur Hilfe leukämiekranker Kinder e.V., zugute.

Aufgrund der Corona bedingten Einschränkungen konnte in diesem Jahr leider eine solches Treffen nicht stattfinden. Aber die Planungen für das nächste Jahr stehen bereits an, an dem auch die Centerverwaltung des Dever-Parks ihr Interesse kundgetan hat. So hat Kira Ölkers, Sprecherin der Papenburger Autotuning-Szene, bereits jetzt schon die Zusage von der Denverpark-Verwaltung für die Unterstützung u.a. mit Sachspenden und der Bereitstellung eines ADAC-Prüfstandes für das Treffen im kommenden Jahr, sofern die Corona-Pandemie bis dahin hoffentlich ein Ende hat.

Kaum Alternativen für die Jugend in und um Papenburg

Dever-Park Parkplatz hinterm Kaufland
Kein Platz mehr für die Papenburger Autotuner in Papenburg?!?

Seit mehreren Jahren gibt es in Papenburg keine Diskothek mehr, zwar Kneipen und Bars, die aber keine Vergleich mit einer Diskothek darstellen. Wo sollen die jungen Menschen in Papenburg denn noch hin? Es gibt kaum Möglichkeiten mehr in Papenburg, wo sie ihre Freizeit an den Abenden und Wochenenden gemeinsam verbringen können.

„Bevor ich mich abends alleine zu Hause langweile, setze ich mich in mein Auto und fahre zum Dever (Dever-Parkplatz), denn ich weiß, hier treffe ich immer andere aus der Szene. Es ist, wie nach Hause kommen und sich auf seine Familie zu freuen!“

Kira Ölkers, Sprecherin der Demonstration Dever Gruppe

Jeder Mensch sucht und findet seinen Platz und so haben auch die Autotuner von Papenburg ihren Platz gefunden, nämlich auf den Parkplätzen rund um den Dever-Park und vor dem Mediamarkt. „Der Dever“ ist seit Jahren deren feste Instanz und Dreh- und Angelpunkt, ein Stück Heimat halt. Das soll mit einem Male einfach so vorbei sein? Für die Papenburger Autotuning-Szene nicht vorstellbar!

Lösungsorientiertes Handeln

Ganz ohne weiteres will die Papenburger Autotuning-Szene ihre gewohnten Treffplätze nicht aufgeben, sehen aber natürlich das Grundproblem auch seitens der Stadt Papenburg und der Centerverwaltung ein.

Anmerkung zu den Besitzverhältnissen der Dever-Park-Parkplätze:

Die Parkplätze direkt vor und neben dem Dever-Park, sowie hinter dem Kaufland bis an die Durchfahrtsstraße gehören zum und dem Dever-Park.

Die Parkplätze auf der anderen Seite der Straße bis an die Grundstücksgrenze zum Zaun hin, sowie der Busparkplatz gehört der Stadt Papenburg.

Aufgrund dessen hat sich Kira Ölkers, stellvertretend für die Autotuning-Szene mit Herrn Heyen vom Ordnungsamt Papenburg und dem Dever-Park-Centermanager, Herrn Löbel zusammengesetzt, um die Probleme zu ermitteln und was die Autotuning-Szene machen kann, um die Parkplätze für ihre Treffen weiterhin nutzen zu dürfen.

Befristetes Abkommen

Das Ergebnis dieses Gespräch ist folgende, gegenseitige Absprache:

Laut Aussage von Kira Ölkers erlaubt sowohl die Stadt Papenburg, als auch die Centerverwaltung des Dever-Parks der Papenburger Autotuning-Szene ihre Treffen auf der letzten Reihe des Kaufland-Parkplatzes, also die Reihe direkt vor dem Zaun, sowie auf dem größeren, runden Parkplatz, dem sog. Busparkplatz (blaues Feld in der Grafik). Und das von Montags bis Samstags von 6 Uhr bis 22 Uhr – die Sonntage sind somit ausgeschlossen. Die Polizei ist über diese Absprache informiert worden.

befristete Parkplatznutzung bis zum Frühjahr 2021

Daran geknüpft sind folgenden Bedingung: 

Die Autotuning-Szene hat eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, dass die Parkplätze während deren Treffen dort frei von Müll u.ä. bleiben und sich alle an die allgemein gültigen Regeln halten, sprich keine Lärmbelästigungen, keine „Donuts ziehen“ usw.

Gültigkeit hat diese Absprache bis zum Frühjahr 2021. Dann will man sich erneut zusammensetzen, um ein Resümee zu ziehen und erneut zu schauen, ob die Autotuning-Szene die Parkplätze unter diesen Voraussetzungen weiterhin nutzen dürfen.

Der Parkplatz vor dem Mediamarkt ist von dieser Absprache ausgeschlossen und bleibt weiterhin auch für die Autotuning-Szene weiterhin die ganze Woche über von 22 Uhr bis 6 Uhr gesperrt.

  • Dever-Park Parkplatz hinterm Kaufland
  • Bis-Parkplatz hinterm Dever-Park
  • Zufahrt vom Kreisel bei der Alten Werft auf den Mediamarkt Parkplatz

„Wir sind sehr zufrieden mit diesem Gesprächsergebnis und sind sowohl der Stadt Papenburg, als auch dem Centermanagement des Dever-Parks dankbar, vorerst weiter den hinteren Teil des Dever-Parkplatzes für unsere Treffen nutzen zu dürfen.“, so Maik Salziger und Kira Ölkers.

Da sind sich alle aus der Szene einig, diese Chance und die Probezeit definitiv nicht ungenutzt zu lassen, um sich auch nach dem Frühjahr 2021 weiter dauerhaft treffen auf „ihrem Dever“ zu können.

Und dabei geht es denen nicht nur um sich selbst, sondern auch um um die nachkommende Generation begeisterter Autotuner.

Bleibt noch der Müll

Alleine das Thema Müll ist noch nicht wirklich ganz zur Zufriedenheit aller gelöst. Das Problem sehen die Autotuner auch in den zu wenigen Mülltonnen auf dem Gelände rund um den Dever-Park.

Diese wenigen Mülltonnen werden zum einen auch von vielen anderen, allen voran McDonald’s Kunden genutzt, wodurch die Tonnen schnell voll sind. Da gerade an den Wochenenden die Mülltonnen nicht geleert werden, sammelt sich der Müll folglich um die Mülltonnen herum und auf den Parkplätzen. Hinzukommen die Vögel, die auf der Suche nach Essbarem den Müll aus den Tonnen herausziehen, den zerfleddern und in der Gegend verteilen.

Zwar haben die Autotuner selber schon Einkaufswagen neben die bereits gefüllten Mülltonnen gestellt, aber leider weht teilweise der Wind den Müll daraus oder es kommen die Vögel, die den Müll dort heraus holen. Die freuen sich natürlich über diese für sie noch leichter zugängliche Futterquelle.

Eine Abhilfe würden hier mehr und größere Müllbehälter schaffen, am besten auch solche, in die man vom Auto heraus, den Müll hineinwerfen kann, wie es diese u.a. auch in der Nähe anderer Schnellrestaurants gibt. Und natürlich wäre auch eine Leerung der Mülltonnen an dem Wochenenden, zumindest am späteren Samstagnachmittag sinnvoll, um den herumfliegenden Müll zu verhindern. 

Abschussworte in eigener Sache

Was ich an dem Abend bei dem Interview mit einigen Mitgliedern der Papenburger Autotuning-Szene kennen gelernt habe, ist eine Gruppe von wirklich tollen, jungen Menschen, die grundsätzlich nur eins im Sinn haben:

Ihr gemeinsames Hobby in einer gemeinsamen Community zu leben, ihre Begeisterung und Erfahrungen untereinander auszutauschen und dabei nebenbei einfach nur schöne gemeinsame Abende miteinander zu verbringen. 

Dass diesen jungen Menschen, der Generation, der immer wieder schnell nachgesagt wird, sich nur für sich und nicht für ihr soziales Umfeld interessieren, sich entgegen diesem Vorurteil dann auch noch vollkommen eigenständig für soziale und wohltätige Zwecke, durch das Sammeln von Spendengeldern, wie u.a. für Leukin e.V., einsetzen, verdient meine besondere Hochachtung. Daran könnten und sollten sich manch andere ein Vorbild dran nehmen. 

Text: A.Roling