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„Erhalten durch Aufessen“ – Rettung für das Bunte Bentheimer Schwein

„Erhalten durch Aufessen“ – Rettung für das Bunte Bentheimer Schwein – Erhaltungsverein feiert 20jähriges Jubiläum im Tierpark Nordhorn
Auch heimische regionale Nutztierrassen können vom Aussterben bedroht sein. Das
Bunte Bentheimer Schwein ist so eine Rasse, die vor gar nicht allzu langer Zeit kurz
vor dem Aussterben stand. Seit 20 Jahren wird dank des im Tierpark Nordhorn
gegründeten „Vereins zur Erhaltung des Bunten Bentheimer Schweins e. V.“ aktiv
etwas für die Erhaltung dieser wertvollen Genressource getan. Und dies mit Erfolg,
denn die Bestände sind wieder stark gestiegen.
Und auch wenn es auf den ersten Blick widersprüchlich klingt: Jeder kann mithelfen
diese faszinierenden Tiere zu schützen – das Motto heißt „Erhalten durch Aufessen“.
Früher war das Bunte Bentheimer Schwein, dessen Anfänge der Zuchtgeschichte auf
die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert werden, ein weit verbreitetes Schwein auf den
Bauernhöfen. Mit seinem freundlichen, genügsamen Wesen und seiner bunten
Flecken war es insbesondere bei den Bauersfrauen, die sich vorwiegend um die
Schweinezucht auf den Höfen kümmerten, sehr beliebt. Neben der Gewinnung von
Fleisch war auch die Gewinnung von Speck und Fett als Energieträger etwas, was
das Bunte Bentheimer Schwein mehr als reichlich liefern konnte. Eine Tatsache, die
später auch seinen schnellen Niedergang mit beschleunigen sollte. Als die wenigen
Schweine auf den Bauernhöfen im wahrsten Sinne des Wortes noch „so mit liefen“,
waren sie wertvolle Restverwerter und Energielieferanten und brachten die Familien
über den Winter.
Auch in den Jahren direkt nach dem Krieg, in der Blütezeit der „Swatbunten“, waren
die Schweine sehr gefragt. Sie waren einfach und günstig zu halten, zudem waren
sie sehr fruchtbar und lieferten exzellentes Fleisch.
Der Niedergang der Rasse begann dann kurz darauf. Mit dem Wirtschaftswunder
sank die Nachfrage nach Fett und Speck, mageres Fleisch war plötzlich gefragt.
Zudem wurden neue Zuchtlinien bei den Schweinen aufgebaut, die wesentlich
schneller schlachtreif und damit wirtschaftlicher waren und zudem mit den
Haltungsanforderungen der sich intensivierenden Schweinemast besser klarkamen.
„Unsere Tiere feiern Geburtstag, bevor sie verwertet werden können! Im Vergleich zu
handelsüblichen Zuchtlinien sind sie quasi slow food!“ so Zoodirektor Dr. Nils
Kramer. Während ein Buntes Bentheimer Schwein also erst mit zirka einem Jahr
schlachtreif ist, sind es die modernen Zuchtrichtungen in der Hälfte der Zeit. „Zudem
benötigen die Bunten Bentheimer Schweine viel Bewegung und eine restriktivere
Ernährung, weshalb sie in den modernen Haltungen fehl am Platz sind!“ so Kramer
weiter. „Aber dann liefern sie ganz hervorragende Fleischqualität!“
Wie der Name vermuten lässt, liegen die Anfänge des Bunten Bentheimer Schweins
im Nordwesten Deutschlands, in der Grafschaft Bentheim an der niederländischen
Grenze. Hier stand auch die Arche Noah dieser Rasse. Bis auf wenige andere
Ausnahmen war es einzig der Hof Schulte-Bernd der noch an dieser Rasse festhielt
und sie so über die Zeit retten konnte. Mit nur noch etwa 100 Zuchttieren waren die
Bentheimer Schweine Anfang der 1990iger Jahre hochgradig vom Aussterben
bedroht.
Am 1. März 2003 wurde dann im Tierpark Nordhorn der Erhaltungsverein für die
Bunten Bentheimer Schweine gegründet. Diese Vereinsgründung war die
Initialzündung für die Rettung dieser Rasse. Von 50 Tieren zum Start waren es
bereits wenige Jahre später über 500 Tiere, welche nun im Herdbuch gelistet waren.
Auch die Zahl der Halter stieg stark an, so dass es mittlerweile fast in allen
Bundesländern Haltungen gibt. Auch in den Niederlanden und Luxemburg ist die
Rasse vertreten. „Diese Verbreitung ist immens wichtig! Natürlich brauchen wir eine
große Zahl an Tieren, aber auch eine weite Verbreitung!“ so Zoodirektor Dr. Kramer.
„Nur dann können wir die Rasse gegen regionale Ereignisse wie zum Beispiel
Tierseuchen langfristig schützen! Es sind dann nie alle Bestände gleichzeitig
betroffen!“
Anlässlich des 20jahrigen Jubiläums konnte im Tierpark Nordhorn nun auf die
erfolgreiche Arbeit zurückgeschaut werden. 260 Betriebe hielten im vergangenen
Jahr 515 Herdbuchsauen und 139 Zuchteber. Reißenden Absatz finden die Produkte
des Bentheimer Schweins dabei in der Vermarktung regionaler Produkte und bei
echte Fleischkennern. Durch die feine Marmorierung und das langsamere Wachstum
hat das Fleisch des Bunten Bentheimer Schweins eine exzellente Qualität und einen
feinen Eigengeschmack. Seitdem auch Grillfreunde die Produkte für sich entdeckt
haben, ist die Nachfrage weiter gestiegen.
„Das Geheimnis für den Erhalt dieser Tiere ist die Nutzung! Auch wenn der Spruch
„Erhalten durch Aufessen“ auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, ist dies der
Schlüssel zum Erfolg!“ so Dr. Kramer. „Liebhaberei allein reicht zur Rettung einer
Rasse nicht aus. Nur durch den stetigen Absatz gibt es Nachzucht und genetischen
Austausch. Jeder Einzelne kann also etwas zum Erhalt dieser Tiere beitragen!“

Text und Foto: Tierpark Nordhorn